„Trimm Dich“statt Fitnessstudio
Joggen geht trotz Corona – Vor 50 Jahren rollte die Bewegung des Sportbundes an
BONN (KNA) - Fitnessstudio? Zu! Fußballtraining? Abgesagt! Joggen? Läuft! Das Coronavirus schränkt das Sportangebot ein. Da könnte man sich rückbesinnen: Die „Trimm Dich“-Kampagne des Deutschen Sportbundes startete vor 50 Jahren.
Ein Bischof als nationaler Sportbotschafter? „Trimm Dich“machte es möglich: Im lockeren Jogging-Trab zwischen Weinbergen warb in den 1970er-Jahren der damalige Landesbischof von Württemberg und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Helmut Claß, gewandet in grellgelbem TShirt für die „Trimm Dich“-Bewegung des Deutschen Sportbundes (DSB). Vor 50 Jahren startete die Kampagne, die die Nation zum Sport antreiben sollte. Vielleicht ein Vorbild in der jetzigen Corona-Krise mit geschlossenen Fitnessstudios und pausierendem Vereinsleben.
„Trimm Trab – das neue Laufen ohne zu schnaufen“sei eine gute Sache, verkündet Bischof Claß (19131998) in dem Kampagnenspot. „Zur Verwirklichung braucht man seinen ganzen Willen und die Einsicht, dass der Körper Gabe und Aufgabe Gottes ist“, so der Geistliche. Aber wer „viel am Schreibtisch sitzt“und „beruflich unter Druck steht“, solle aktiv werden. Normalbürger und Prominente wie Udo Jürgens oder Frank Elstner warben für das Projekt des Sportbundes, der heute Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) heißt. Maßgeblicher Initiator war Jürgen Palm (1935-2006), langjähriger Geschäftsführer Breitensport des DSB, der für seinen Einsatz den Beinamen „Trimm-Vater der Nation“erhielt. 24 Jahre lang animierte der Verband mit der „Trimm Dich“-Kampagne die Bevölkerung zum Sport – mit Leitsprüchen wie „Trimm Dich durch Sport“, „Ein Schlauer trimmt die Ausdauer“oder „Spiel mit – da spielt sich was ab“. Ob die Kampagne die Bevölkerung wirklich fitter gemacht hat, ist nicht erforscht worden. Dies bemängeln Kritiker – zugleich loben sie, dass dadurch viele für das Thema Sport, Bewegung und Gesundheit sensibilisiert werden konnten.
Was heute noch geblieben ist: Trimmy. Die Symbolfigur der Aktion ist seit 2009 offizielles Maskottchen des DOSB. Es verkörpere glaubhaft die Botschaften des Verbands: „Leistung, Wertevermittlung, Gesundheit und vor allem Spaß und Lebensfreude“.
Dieter Sihler, Zeichner des Männleins mit dem weißen Lauftrikot, sagte einst über Trimmy: „Er ist kein Supermann und kein Held, ein ganz durchschnittlicher, kleiner, schmächtiger und unscheinbarer Bursche.“Der jedoch laut DOSB gut ankam: „Der Erfolg der innovativen Breitensportaktion und deren Durchdringung in der Gesellschaft mündeten innerhalb von drei Jahren in eine unglaubliche Bekanntheit Trimmys von fast 90 Prozent.“Heute ist Trimmy auch bei Facebook zu finden – mehr als 2000 Fans folgen ihm dort.
Untrennbar ist für viele die am 16. März 1970 gestartete Kampagne mit den Trimm-dich-Pfaden verbunden – aber die kleinen Areale im Freien mit Stationen zur Körperertüchtigung
gehörten gar nicht zum Angebot des Sportbundes. Sie hielten zufällig parallel zur „Trimm-Dich“Kampagne Einzug in Deutschland. Die Idee des sogenannten Vitalparcours kam aus der Schweiz und wurde ungewollt mit der „Trimm Dich“Aktion
assoziiert. Geschadet hat es weder den Deutschen noch der Kampagne.
Auch der katholische Erzbischof von Bamberg, Ludwig Schick, wurde damals von der Initiative inspiriert: „Ich erinnere mich gut an den Aufbau eines Trimm-dich-Pfades vor 50 Jahren in einem Waldstück bei Fulda. Ich war damals 20 Jahre alt, sportlich und sportinteressiert seit meiner Kindheit“, sagte Schick. Schnell wurde der Erzbischof ein Freund der Pfade. Und noch heute joggt er täglich durch Bamberg.
Manche der aufgestellten Holzbalken und Stangen für Klimmzüge verfallen inzwischen – andernorts weichen sie modernen Installationen mit ergonomisch geformten Metallgeräten. Auch wenn der Sportbund nicht an deren Einrichtung beteiligt ist, beobachtet DOSB-Marketing-Experte Florian Frank einen Trend. „Der Trimm-dich-Parcours hat damit Einzug in die Städte erhalten; ist dorthin gegangen, wo die Menschen sind. Das baut Hürden ab, aktiv zu werden“, zeigt sich Frank überzeugt. Das passe zu einem dynamischen und urbanen Lebensstil der Menschen, der auf Gesundheit und Fitness setze. Aus Hygienegründen muss derzeit zwar ein Bogen um die Geräte gemacht werden, aber einem „Trimm Trab“steht Corona nicht im Weg.