Pandemie fordert Hebammenpräsenz
Im Schwarzwald-Baar-Klinikum dürfen Frauen, die frisch entbunden haben, nicht besucht werden
VILLINGEN-SCHWENNINGEN (sbo) - Die aktuelle Corona-Krise macht auch vor der Arbeit der Hebammen nicht halt. Bei werdenden Müttern in Villingen-Schwenningen herrscht zum Teil Verunsicherung. In vielen Krankenhäusern besteht derzeit ein Besuchsverbot, das auch für Frauen gilt, die frisch entbunden haben, um das Personal und die Patienten vor einer Infektion mit dem Coronavirus zu schützen. Beim „s’Hebammenhaus“in Villingen weiß man, dass manche werdende Mütter auf eine Geburt in der Klinik derzeit lieber verzichten möchten.
„Tatsächlich haben wir im s’Hebammenhaus seit zwei Wochen etwa 20 Anfragen von Familien erhalten, die unmittelbar vor dem errechneten Termin den Plan noch einmal ändern wollen und für eine Geburtsbegleitung bei uns anfragen“, berichtet Hebamme Julia Steinmann von der Einrichtung.
Die Motive der Frauen seien dabei verschieden: Den einen sei wichtig, unter allen Umständen den Partner oder die Begleitperson bei der Geburt dabei haben zu dürfen – und zwar von der ersten bis zur letzten Minute. Andere würden bemerken, dass sich eine Geburt in der Zeit der Pandemie in den eigenen vier Wänden oder einer ambulanten Einrichtung wie dem Geburtstshaus aufgrund der Infektionsgefahr sicherer anfühlt.
„Frauen und Paare wünschen sich in erster Linie, die Geburt gemeinsam erleben zu können. Da unterschiedliche, nicht immer ganz wahre Informationen kursieren, tun die Paare gut daran, auf der Homepage der gewünschten Einrichtung nachzulesen, wie es sich mit der Anwesenheit des Partners oder der Begleitperson verhält“, empfiehlt Steinmann.
Das Schwarzwald-Baar Klinikum in Villingen-Schwenningen teilte unserer Zeitung mit, dass derzeit im gesamten Klinkium ein Besuchsverbot gilt für Frauen, die frisch entbunden haben. Bei der Entbindung im Kreißsaal dürfen die werdenden Väter beziehungsweise eine feste Begleitperson allerdings dabei sein, erklärte eine Sprecherin der Klinik.
Die Deutsche Gesellschaft für Psychomsomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG) betonte, wie wichtig die Anwesenheit des Partners für die Frau bei der Geburt sei. „Ängste von Schwangeren, werden durch sie kompensiert und eine mögliche Isolation überwunden“, heißt es in einer Presseinformation.
Aufgrund der aktuellen Situation steige außerdem der Bedarf an häuslicher Wochenbettbetreuung, da vermehrt Frauen aufgrund der Umstände in den umliegenden Kliniken kurzfristig eine sogenannte ambulante Geburt wählen, erklärt Steinmann. „Das fordert die Präsenz der freiberuflich tätigen Hebammen, deren Angebot schon in normalen Zeiten im Landkreis Mangelware ist“, berichtet Steinmann.
Nichtsdestotrotz: „Es macht etwas mit den Frauen, permanent von diesen Schreckensmeldungen umgeben zu sein und gerade in dieser besonderen Zeit auf ihr soziales Ökosystem verzichten zu müssen. Familien,
die vom Zusammenleben mehrerer Generationen unter einem Dach profitierten, müssen sich in puncto Kinderbetreuung und Versorgung Betagter wieder völlig auf sich selbst stellen. Das schmerzt“, bedauert die Hebamme. Um sich selbst hätten in ihrem Klientel allerdings nur die wenigstens Frauen Ängste. „Die bisher vorliegenden Daten deuten darauf hin, dass Schwangere und ihre Säuglinge nicht zur Risikogruppe gehören, selbst wenn es weltweit Einzelfälle geben mag.“
Die aktuelle Corona-Krise stellt die Hebammen allerdings noch vor ein weiteres großes Problem. Viele Kurse, die die Mütter auf die Geburt vorbereiten sollten, mussten abgesagt werden. Das sorge für Unwohlsein bei den Frauen. „Manche können sich noch nicht recht vorstellen, wie sie ohne Kurs ein Kind gebären sollen. Da sprechen wir zum einen
Mut zu und versichern, dass Gebären intuitiv und instinktiv funktioniert und andererseits können die Frauen auch auf webbasierte Angebote im Netz zurückgreifen“, erklärt Steinmann.
Auch das s’Hebammenhaus überlegt – je nachdem, wie sich die aktuelle Situation in den kommenden Tagen entwickelt – ebenfalls OnlineKurse anzubieten. „Im s’Hebammenhaus finden Einzeltermine unter Einhaltung der Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts sowie die Geburtsbegleitungen statt. Falls eine der angemeldeten Gebärenden oder Wöchnerinnen erkranken sollte, steht in ausreichendem Umfang Schutzmaterial für unser Personal zur Verfügung. Glücklicherweise erfreuen sich alle Hebammen des Teams und deren Familien guter Gesundheit und wir hoffen, wie alle anderen auch, dass das so bleiben möge.“