Ein mächtiges Instrument
Geht doch: Minister aus 30 Staaten, dazu Wissenschaftler aus aller Welt beraten über Wege zu mehr Klimaschutz – und das per Videokonferenz. Dieses Format darf man in der Zukunft ruhig häufiger einsetzen als bisher, nicht nur bei Internationalen Großveranstaltungen, sondern zum Beispiel auch bei scheinbar unabdingbaren Geschäftsreisen. Wenn die Eindämmung des Konferenztourismus eine Lehre aus der Corona-Krise wäre, dann wäre in Sachen Klimaschutz schon mal ein kleiner Schritt getan.
Das reicht aber nicht. Klimaschutz ist nicht weniger drängend geworden, nur weil in den vergangenen Wochen weniger darüber gesprochen und geschrieben wurde. Nun sollen mit viel Geld vom Staat die volkswirtschaftlichen Folgen der Pandemie abgemildert werden. Mit dem Bereitstellen von Milliardenbeträgen bekommt der Staat ein mächtiges Steuerungsinstrument in die Hand. Dieses nicht zu nutzen wäre fahrlässig. Die Reaktion auf die Finanzkrise vor gut zehn Jahren, als mit der Abwrackprämie ein Strohfeuer ohne irgendeine Art von Lenkungswirkung entfacht wurde, sollte allenfalls als abschreckendes Beispiel dienen.
Das haben auch viele Industrieunternehmen erkannt. Sie fordern in einem bemerkenswerten Appell, Investitionsprogramme systematisch klimafreundlich auszurichten. Solche Wortmeldungen aus der Chefetage eines Stahl- oder Chemiekonzerns wären vor nicht allzu langer Zeit kaum vorstellbar gewesen. Doch Großkonzerne brauchen vor allem Planungssicherheit. Die bekommen sie nicht, wenn ihr Geschäftsmodell aus der Zeit gefallen ist.
Noch eine Lehre der vergangenen Wochen: Im Kampf gegen Corona orientiert sich die Politik am wissenschaftlichen Konsens. Das ist wohltuend und sollte auch im Umgang mit der Klimakrise der Leitfaden sein. Die ganz überwiegende Zahl der Wissenschaftler warnt schon lange vor den Folgen einer nicht mehr beherrschbaren Dynamik des Klimawandels, ihre Forschungsergebnisse müssen die Grundlage für jede klimapolitische Entscheidung sein.
u.mendelin@schwaebische.de