Wenn Bahnfahrten für die Bahn sehr teuer werden
Maskenpflicht bald womöglich auch im Fernverkehr – FDP-Politiker Jung kritisiert „Geisterzüge“
RAVENSBURG - Passagiere in bayerischen und baden-württembergischen Nahverkehrszügen müssen seit diesem Montag eine Schutzmaske tragen. Wer aber in einen ICE oder einen Intercity umsteigt, kann die Maske ablegen, ohne ein Bußgeld fürchten zu müssen. Das könnte sich bald ändern: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) plädiert für eine Maskenpflicht auch im Fernverkehr und will dies in die Bund-Länder-Gespräche zum Vorgehen in der Corona-Krise an diesem Donnerstag einbringen. Außerdem denkt er über eine Reservierungspflicht nach, will sich in diesem Punkt aber noch nicht festlegen.
Die Vorgabe, Abstand zu anderen Menschen zu halten, dürfte den Reisenden im Fernverkehr in diesen Tagen indes leicht fallen. „Wenn Sie in die Bahn steigen, sind Sie meistens der einzige im Waggon“, berichtet etwa der Karlsruher FDP-Bundestagsabgeordnete Christian Jung. Der Verkehrspolitiker fragt sich, ob die Bahn nicht immer noch zu viele Züge durchs Land schickt. „Die Finanzlage der Deutschen Bahn (DB) war schon vorher dramatisch. Diese Geisterzüge führen jetzt unnötig dazu, dass Geld verbrannt wird“, sagt Jung im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Die DB hat Schulden in Höhe von 24,2 Milliarden Euro angehäuft. Trotzdem werden im Fernverkehr derzeit etwa drei Viertel des üblichen Angebots aufrechterhalten, obwohl nur noch ein Zehntel der Passagiere unterwegs ist, wie Bahn-Chef Richard Lutz Anfang April gesagt hatte. FDPMann Jung findet, dass die Bahn die gleiche Qualität für die Kunden auch mit weniger Leerfahrten und einem Angebot von 50 Prozent des normalen Fahrplans erreichen könnte. Er fragt: „Wer hat die Deutsche Bahn angewiesen, dass diese Überkapazitäten bereit gestellt werden?“
Das will auch sein Grünen-Kollege Matthias Gastel wissen. Der Nürtinger Abgeordnete hat beim Bundesverkehrsministerium angefragt, ob die Regierung die Bahn aufgefordert habe, den Fernverkehr „nicht unterhalb des derzeit bestehenden Grundangebotes
zu reduzieren“– und Bund und Bahn über einen Ausgleich für die Einnahmeverluste reden. Die Antwort steht noch aus. Anders als Jung will Gastel die Überkapazitäten beim Zugangebot allerdings nicht kritisieren: „Ich begrüße, dass die Deutsche Bahn angesichts des notwendigen Abstands zwischen den Fahrgästen eine Verantwortung wahrnimmt, die über ihre eigene unternehmerische Verantwortung hinausgeht.“
Auch die Verkehrsgewerkschaft EVG kann einer weiteren Reduzierung des Bahnangebots nichts abgewinnen. Nicht nur, weil den Beschäftigten dann Kurzarbeit drohen würde. „Die jetzige Zugfrequenz erlaubt es der DB AG innerhalb von 14 Tagen, wieder ein normales Angebot zu gewährleisten“, so EVG-Vize Klaus-Dieter Hommel. „Jede weitere Reduzierung hätte zur Folge, dass es Wochen länger dauert, bis wieder alle Züge planmäßig fahren.“