Woher soll Herr Sänze das auch wissen?
Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig... Diesmal ging’s ein bisschen länger mit den Echauffieren. Denn – welche Entäuschung! – zu der Aktion der Moscheegemeinde und unserem Bericht kamen unmittelbar fast lauter freundliche Grüße an die muslimischen Mitbürger. Jetzt kommt Herr Sänze und belehrt alle: Nicht freundlich sind die Spaichinger, sondern „unfassbar naiv!“Da möchte man ein beherztes: „Wie unfassbar bösartig!“entgegenschmettern. Tun wir aber nicht.
Die Stellungnahme Sänzes ist ein schönes Beispiel in vielerlei Hinsicht, weshalb wir sie in voller Länge abdrucken.
Erstens: Da schwingt sich jemand auf, „den Islam“zu interpretieren. Wir wissen, Populisten und Verschwörungstheoretiker beanspruchen für sich, geheime Wahrheiten zu kennen, die anderen in ihrer Einfalt verborgen bleiben.
Was Sänze macht, ist, ein Konglomerat an Vorurteilen (wer ist eigentlich „einheimisch“?) gut durchzumischen auf der Basis eines wahhabitisch-salafistischen Islamverständnisses. Das ist ein bisschen so, als ob man die AfD-Rechtsaußen wie Höcke stellvertretend für das in Deutschland vorherrschende Demokratieverständis präsentieren würde. Dass „der Islam“aber genauso vielfältig wie „das Christentum“oder „das Judentum“ist in Textinterpretationen und Auslegungen zur Lebensführung, scheint ihm entgangen zu sein. Solche Spitzfindigkeiten, dass es selbst innerhalb der Rechtsschulen auch noch Folklore und Traditionen gibt, die besser historisch-soziologisch erklärt werden, als ideologisch – geschenkt. Woher soll Sänze das auch wissen.
Was man dem Landespolitiker aber wirklich übel nehmen kann, sind die rhetorischen Winkelzüge, die die Öffentlichkeit für dumm verkaufen. Da wird unter anderem mal nassforsch ein Gebetsruf zum Kreuzzug (oh, pardon), zum Eroberungszug umdefiniert; das Bekenntnis zum Monotheismus (erklärbar aus dem Polytheismus der Zeit Muhammads und dem großen Einfluss, den das Juden- und Christentum auf den Religionsgründer hatten) in der totalitären Variante als Spaichinger Realität unterstellt; ein paar historisch einzuordnende Koranverse angeführt; frech definiert, was eigentlich ein „Ungläubiger“sei, obwohl das selbst die größten Fanatiker oft nicht so genau wissen. Und von Systemrelevanz wurde im Spaichinger Zusammenhang ebenso wenig gesprochen, wie beim Trost spendenden Glockengeläut der Kirchen. Wie billig zu glauben, dass sich Christen so leicht aufhetzen oder Muslime so leicht provozieren lassen!