Der blinde Passagier der Herbstküche
Fallen die Blätter, ist der Herbst unvermeidlich. Und mit ihm kulinarische Begleiterscheinungen, die an so manchem Gaumen Fragezeichen hinterlassen. Etwa wenn es um den sich wieder wild in Supermärkten oder an Straßenverkäufen ausbreitenden Kürbis geht. War er lange Zeit völlig zu Recht aus dem Ernährungsbewusstsein vieler Leute verschwunden, kehrte er vor Jahren machtvoll zurück: Es gibt ihn klassisch als Suppe, er soll auch schon in Kuchengebäck gesehen worden sein. Ja selbst Kürbisbonbons werden inzwischen fabriziert. Und:
Als Kürbisspätzle versuchen verwirrte Köche, das Gemüse irgendwie ins Schwäbische zu integrieren.
Die große Wandelbarkeit des Kürbisses ist leicht erklärt: Was nach nichts schmeckt, kann auch für alles verwendet werden. Wie schon das Beispiel Wasser zeigt. Überall ist es drin, aber es fällt nicht weiter negativ auf. Der Kürbis ist somit eine Art blinder und unsichtbarer Passagier in unseren Küchen. Sichtbar wird er erst zu Halloween, also der Nacht vor Allerheiligen. Ausgeschabt und mit schauriger Schnitzkunst verwandelt, leuchtet er hohläugig und ungenießbar in die spätherbstliche Nacht. Den geschmacklich eher schwachen Auftritt des Herbstgemüses erkennt der Konsument daran, dass Kürbisse, wenn sie an Straßenständen feilgeboten werden, fast immer in Selbstbedienung verkauft werden. Gerade so, als sei es den Produzenten egal, ob jemand für die unförmigen Kugeln bezahlt oder nicht. Wertvolleres Gemüse bewacht immer eine gestrenge Verkäuferin. Übrigens: In 30 Wochen beginnt die Spargelzeit. (nyf)
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