Ambitionierter Zeitplan
Trump will Ende der Woche Kandidatinnen für Ginsburg-Nachfolge bekannt geben
WASHINGTON - Die T-Shirts mit dem neuen Slogan des Präsidenten sind schon gedruckt. „Fill the seat“steht darauf gedruckt, was die Anhänger Trumps bei einer Kundgebung in Fayetteville im US-Bundesstaat North Carolina nur einen Tag nach dem Tod der 87-jährigen Rechtsstaats-Ikone Ruth Bader Ginsburg skandierten: „Besetzt den Stuhl“. Wer Ginsburgs Platz am obersten US-Gericht einnehmen soll, will der Amtsinhaber bis Ende der Woche entscheiden. Die Forderung der Demokraten, mit der Personalie bis zu der Zeit nach den Wahlen im November zu warten, wies Trump zurück.
Ursprünglich war erwartet worden, dass er bereits am Dienstag die erzkonservative Bundesrichterin Amy Coney Barrett nominieren würde. Über das Wochenende tauchte plötzlich eine andere, nicht minder konservative Alternative auf. Die Bundesrichterin Barbara Lagoa, die aus einer kubanischen Einwandererfamilie stammt, in Miami lebt und damit Wähler in Trumps Wahlheimat Florida motivieren könnte.
Während Barretts Hintergrund gut bekannt ist, prüft das Weiße Haus, ob es in Lagoas Biografie Bereiche gibt, die sich im Bestätigungsverfahren als problematisch erweisen könnten. Die Verzögerung bei der Nominierung erhöht den Druck auf McConnell. Der
Senator aus Kentucky ist der Mehrheitsführer im Senat und damit Herr des Verfahrens. Er hat nur etwa halb so viel Zeit wie die durchschnittlich 70 Tage, die zwischen der Nominierung und Bestätigung eines Kandidaten im Senat vergehen. Hinzu kommen potenzielle Komplikationen durch ein weiteres Corona-Hilfepaket, das zwischen Demokraten und Republikanern umstritten bleibt, sowie ein Haushaltsstreit, der in einen Regierungsstillstand münden kann. Speakerin Nancy Pelosi gab auf ABC zu erkennen, dass die Demokraten „Pfeile im Köcher haben“, den Prozess zu verlangsamen. „Unser Land steht vor einer großen Herausforderung.“
Trumps Herausforderer Joe Biden wandte sich an die verbliebenen moderaten Republikaner im Senat, Vernunft walten zu lassen. „Wir müssen deeskalieren, nicht eskalieren“, appellierte der Demokrat an seine ehemaligen Kollegen. Die Wähler sollten bei der Nachfolge Ginsburgs entscheiden, nicht die nackte Macht. „Folgen Sie Ihrem Gewissen. Stimmen Sie nicht für jemanden, der unter diesen Umständen nominiert wurde.“