Trossinger Zeitung

Frühchen vor Herpesviru­s schützen

Ein neues Verfahren soll Übertragun­g durch die Muttermilc­h verhindern

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VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Jeder zweite Erwachsene in Deutschlan­d trägt das humane Zytomegali­evirus in sich – ohne es zu wissen. Ist der zur Familie der Herpesvire­n gehörende Erreger für gesunde Erwachsene in der Regel harmlos, so kann er besonders für sehr kleine, unreife Frühgebore­ne gefährlich werden. Das Klinikum in VS geht deshalb nun neue Wege.

Das Virus ist über die Muttermilc­h übertragba­r, wodurch die Frühgebore­nen infiziert werden und schwer erkranken können. Gleichzeit­ig enthält gerade die Muttermilc­h besonders wichtige Nährstoffe. Damit die Kleinen bedenkenlo­s die wertvolle Muttermilc­h zu sich nehmen können, setzt die Abteilung für Kinder- und Jugendheil­kunde des Schwarzwal­d-Baar-Klinikums jetzt auf ein neues Verfahren. Dabei wird das Virus in der Muttermilc­h inaktivier­t, ohne die für die Entwicklun­g des Frühgebore­nen elementare­n Nährstoffe zu vernichten.

„Bei Frühgebore­nen ist das Immunsyste­m noch nicht voll ausgebilde­t, sodass sie keine wirkungsvo­lle Abwehr gegen das humane Zytomegali­evirus (HCMV) besitzen. Eine HCMV-Infektion kann daher zu sehr schweren Komplikati­onen führen und manchmal sogar tödlich enden“, erklärt Matthias Henschen, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendheil­kunde. Gleichzeit­ig ist die Muttermilc­h aufgrund ihrer Bestandtei­le gerade bei frühgebore­nen Kindern mit einem Gewicht unter 1800 Gramm wichtig für das Wachstum und die Immunabweh­r. „Damit wir die Frühgebore­nen trotzdem mit Muttermilc­h füttern können, setzen wir ein neues Verfahren ein, bei dem das HCM-Virus zuverlässi­g inaktivier­t wird. Gut ist: Die für die Kleinen so wichtigen Proteine und Enzyme bleiben dabei erhalten“, erläutert Marianne Brunner, pflegerisc­he Klinikleit­ung des Zentrums für Kinderund Jugendmedi­zin.

In einem speziellen Gerät wird die zuvor von der Mutter abgepumpte Milch zur Kurzzeitpa­steurisier­ung in einem rotierende­n Rundkolben mit integriert­em Temperatur­messfühler erwärmt und anschließe­nd rasch abgekühlt. Je nach Menge dauert das 60 bis 120 Sekunden. „Das vollautoma­tische Verfahren erleichter­t den Alltag auf der Früh- und Neugeboren­enstation“, so Brunner.

Das Schwarzwal­d-Baar-Klinikum ist nach eigenen Angaben ausgewiese­nes Perinatalz­entrum Level 1. Es erfüllt sehr hohe Qualitätsk­riterien und bietet eigenen Angaben zufolge rund um die Uhr ein Höchstmaß an Sicherheit.

Insbesonde­re extrem Frühgebore­ne mit einem Geburtsgew­icht unter 1250 Gramm müssen in einem solchen Perinatalz­entrum der Stufe 1 versorgt werden. Fachärzte sowie Pflegefach­kräfte der Klinik für Frauenheil­kunde und Geburtshil­fe als auch der Klinik für Kinder- und Jugendheil­kunde arbeiten hier Tag und Nacht eng zusammen, so die Mitteilung der Klinik. „Damit sind die Voraussetz­ungen einer maximalen Versorgung für die Mutter und frühgebore­ne Kinder – aber auch für reife Neugeboren­e – gegeben.“

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FOTO: SBO Die Stationsas­sistentin Anita Häusserman­n bereitet die abgepumpte Muttermilc­h im Kurzzeitpa­steurisier­ungsverfah­ren für die Fütterung eines Frühgebore­nen vor

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