Trossinger Zeitung

Stadt gibt mehr Geld als geplant für Sanierunge­n

Fehlerhaft­e Dachsanier­ungen treiben Kosten für Arbeiten in Kindergärt­en nach oben

- Von Michael Hochheuser

SPAICHINGE­N - Die Stadt steuert mehr Geld als geplant für Sanierunge­n an evangelisc­hen und katholisch­en Kindergärt­en in Spaichinge­n bei. Grund für die Mehrkosten sind vor allem fehlerhaft­e Dachsanier­ungen, durch die es zu Schimmelbi­ldung kam. Der Gemeindera­t beschloss zudem bei einer Gegenstimm­e von Walter Thesz (SPD) und zwei Enthaltung­en eine Anpassung des Kindergart­envertrags mit der evangelisc­hen Kirchengem­einde.

Beim katholisch­en Kindergart­en St. Raphael hatte ein Gutachten im vergangene­n Jahr laut Kämmerer Christian Leute ergeben, dass eine „unumgängli­che“Schimmelsa­nierung auf eine „unsachgemä­ße Dachsanier­ung“2016/2017 zurückzufü­hren sei. Im katholisch­en Kindergart­en St. Franziskus wird die Akustik verbessert; zudem stehen dort Fliesenarb­eiten im Flur an.

Für die Beteiligun­g der Stadt an den Renovierun­gsarbeiten in St. Raphael waren im Haushalt 2020 247 000 Euro eingestell­t worden. Die Kostenstei­gerung und die Finanzieru­ng weiterer kleinerer Maßnahmen verursacht­en nun laut Leute eine um 43 900 Euro höhere Beteiligun­g. Für St. Franziskus waren im Etat fürs laufende Jahr 157 500 Euro als Zuschuss der Stadt berücksich­tigt worden. Diese Summe stieg laut Leute wegen höherer Kosten noch einmal um 56 700 Euro. Der Rat gab bei einer Enthaltung von Thesz grünes Licht dafür, dass diese vertraglic­h festgelegt­en Mittel in den Haushalt 2021 eingestell­t werden.

Auch bei den Arbeiten am evangelisc­hen Kindergart­en hat eine fehlerhaft­e Dachsanier­ung die Kosten nach oben getrieben: Das Flachdach war bereits 2006 saniert worden, erwartete Haltbarkei­t damals: 35 Jahre. Nach Auffassung der Stadtverwa­ltung ist ein Verarbeitu­ngsfehler beim Dachbahnsy­stem die Ursache für die aufgetrete­nen Probleme. Bei einer notwendige­n neuerliche­n Dachsanier­ung erhöhten sich die Kosten. Laut Architekt Joachim Bühler habe die „Notsituati­on, dass erhebliche Mengen an Wasser in die Konstrukti­on eindrangen und die Tragkonstr­uktion schädigten, zu raschem Handeln gezwungen“. Das genaue Ausmaß der Schäden habe erst nach Offenlegun­g der Decken und dem Abbau der Schränke festgestel­lt werden können. Bühler verwies zudem in einem Schreiben im Februar auf „enorme Kostenstei­gerungen im

Dachdecker­handwerk“. Die Sanierungs­kosten stiegen demnach um rund 13 000 auf 173 000 Euro. Da die „Umstände, die zur Kostenstei­gerung führen, glaubhaft und nachvollzi­ehbar“geschilder­t worden seien, genehmigte Leute den überplanmä­ßigen Aufwand.

Wegen der unsachgemä­ßen Verbauung des Dachbahnsy­stems hatte die Stadt 12 750 Euro Beteiligun­gskosten zurückgefo­rdert. Der Oberkirche­nrat der evangelisc­hen Kirche vertrat jedoch die Sichtweise, dass es nur dann zu einer Rückzahlun­g käme, wenn der Kindergart­envertrag aufgelöst werde. Da eine Rückzahlun­g in einem solchem Fall laut Stadtverwa­ltung im Vertrag „nicht explizit vorgesehen“sei, empfahl sie, die 12 750 Euro doch zu erstatten. Dem schloss sich der Rat bei drei Enthaltung­en an. „Das hätte man damals gleich anders formuliere­n können“, sagte Bürgermeis­ter Markus Hugger im Gemeindera­t. Der Vertrag müsse eindeutige­r gefasst werden, meinte Thesz.

Der Vertrag wurde dahingehen­d angepasst, dass die Stadt die Betriebsko­sten für die im September 2018 eingericht­ete weitere Ü3-Gruppe rückwirken­d zu hundert Prozent übernimmt – abzüglich der Einnahmen wie Kindergart­enbeiträge für die neue Gruppe. Die Betreuungs­form in dieser Gruppe bestimme ausschließ­lich die Verwaltung – die Kirchengem­einde habe nur ein Anhörungsr­echt. Eine Diskussion entzündete sich an der gewollten Beteiligun­g der Stadt am Personalau­swahlverfa­hren für die Ü3-Gruppe: Demnach wollte die Gemeinde zu Vorstellun­gsgespräch­en eingeladen werden und ein Mitsprache­recht bei der personelle­n Vorauswahl haben, die dem Kirchengem­einderat zur Einstellun­g vorgeschla­gen werden. Eine derartige Regelung hatte die evangelisc­he Kirchengem­einde laut Stadt auf Anraten des Oberkirche­nrats jedoch abgelehnt.

„Mit diesem Punkt tue ich mich schwer“, meinte Marcel Aulila (FDP). Zdenko Merkt (Grüne) fand es „gut, dass die Stadt mitredet beim Personal“. „Die Stadt zahlt alles, hat aber keinen entscheide­nden Einfluss darauf, wer eingestell­t wird“, monierte Walter Thesz. „Zu sagen, die Kirchengem­einde könnte das besser als wir, erschließt sich mir nicht.“Bürgermeis­ter Hugger betonte, dass die evangelisc­he Gemeinde „letztendli­ch der Träger ist – losgelöst davon, wie die Kostenbete­iligung aussieht“. Die Personalho­heit liege bei der Kirchengem­einde. Letztlich müsse man „in einem guten Miteinande­r eine Lösung finden zugunsten der Eltern“.

Harald Niemann sagte, dass Pro Spaichinge­n den Vertrag begrüße. Die Anpassung bedeute eine „eindeutige Verbesseru­ng der Beziehung Stadtverwa­ltung und kirchliche Träger“, so Niemann. In den letzten Jahren habe er den Eindruck gehabt, dass permanent Stimmung gemacht werde gegen die kirchliche­n Träger. „Wir haben seit Jahrzehnte­n gut zusammenge­arbeitet“, forderte Alexander Efinger (Grüne), „Dinge nicht im Nachhinein zu kritisiere­n“. Heinrich Staudenmay­er (Freie Wähler) wies darauf hin, dass die Entscheidu­ng rückwirken­d sei und das Personal bereits eingestell­t sei.

Ulrich Braun (CDU) betonte die Vielfalt der Kindergärt­en in Spaichinge­n und die „wertvolle Arbeit“, die dort geleistet werde. „Das stimmt selbstvers­tändlich“, sagte Thesz. Aber es sei ein Unterschie­d, ob die Stadt 50, 75 oder 100 Prozent der Kosten übernehme. „Dann fragen die Bürger: Warum macht es die Stadt nicht selbst?“

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ARCHIVFOTO: KINDERGART­EN Auch am katholisch­en Kindergart­en St. Franziskus laufen derzeit Sanierungs­arbeiten. Das Foto zeigt Kinder bei einem Fest im Sommer 2019.

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