Trossinger Zeitung

Nendinger kämpfen für neues Wohngebiet

Junge Familien aus Nendingen kritisiere­n mögliche Einstellun­g des Verfahrens

- Von Simon Schneider

TUTTLINGEN-NENDINGEN - Der Beschluss zur Einstellun­g des Bebauungsp­lanverfahr­ens des möglichen neuen Wohnbaugeb­iets „Unter dem Hägle II“hat in der jüngsten Ortschafts­ratssitzun­g in Nendingen für großes Aufsehen gesorgt. Mehrere junge Familien mit Nendinger Wurzeln haben sich deshalb in einem Schreiben an Tuttlingen­s Oberbürger­meister Michael Beck gewendet und die Argumente der Stadt für eine Einstellun­g kritisch hinterfrag­t.

Die Stadt nannte in der Ortschafts­ratssitzun­g die Nähe zu einem landwirtsc­haftlichen Betrieb, der Grunderwer­b der Flurstücke, die Anfahrt für den Schwerlast­verkehr zur Erschließu­ng des Neubaugebi­ets und weitere Hinderniss­e als Gründe für die Einstellun­g des Bebauungsp­lanverfahr­ens. Der Ortschafts­rat änderte in der Sitzung vor rund einer Woche den Beschlussv­orschlag. Anstatt wie von der Stadt vorgeschla­gen, das Bebauungsp­lanverfahr­en für das neue Wohnbaugeb­iet „Unter dem Hägle II“einzustell­en, stimmten mit einer Enthaltung acht Räte dafür, dass die Stadt weiter mit den Eigentümer­n in Bezug auf den Grundstück­serwerb verhandeln soll

TRAUERANZE­IGEN (wir berichtete­n).

Da das Thema am Tag darauf bereits im Technische­n Ausschuss des Tuttlinger Gemeindera­ts auf der Agenda stand, wandten sich mehrere junge Familien aus Nendingen wenige Stunden vor der Ausschusss­itzung schriftlic­h an den OB. Die Folge: Michael Beck nahm den Tagesordnu­ngspunkt zurück, um den Dialog mit den jungen bauwillige­n Familien zu suchen. „Diese schnelle Reaktion des Oberbürger­meisters fanden wir fair und gut“, sagte die Nendingern Julia Braun.

Für den 36-jährigen Familienva­ter Andreas Brand und weitere Bauinteres­senten stellt sich die Frage: Warum wurden diese Schwierigk­eiten erst zu einem solch späten Zeitpunkt erkannt? „Diese Punkte ind offensicht­lich gewesen, zudem sind es keine wirklichen Argumente, weil es für die dargestell­ten Probleme größtentei­ls Lösungen oder vergleichb­are Situatione­n gibt“, sagte er im Gespräch mit unserer Zeitung.

Brand frage sich mit Blick auf die Geruchsimm­issionen und den damit verbundene­n Gutachten, warum es möglichen Grundstück­skäufern nicht selbst überlassen werde, in der Nähe des landwirtsc­haftlichen Betriebs zu bauen. Mitten im Ort selbst gäbe es Landwirtsc­haft mit Viehhaltun­g. Auch die Argumentat­ion der Stadt, dass die rund 50 Baulücken im Dorf großes Potenzial bieten, teilen die jungen Familien nicht. „Das sind für uns keine Neuigkeite­n. Aber die Privateige­ntümer verkaufen sie nicht oder nur zu einem nicht bezahlbare­n Preis“, so Brand. Die Ansicht der Stadtverwa­ltung, dass die Baulücken eine „vernünftig­e Alternativ­e“seien, teilt der Familienva­ter deshalb nicht. Gleiches gilt für die scheinbare­n Probleme mit der Zuund Abfahrt. „Das Baugebiet ist über drei befahrbare Straßen und zwei Fußgängerw­ege angebunden, die auch mit einem LKW angefahren werden können“. Auch das Argument eines Schallguta­chtens in Bezug der Lärmbeläst­igung der Züge könne er nicht nachvollzi­ehen, denn bereits erschlosse­ne Baugebiete wie „Auf Lett“würden deutlich näher an der Bahnlinie liegen.

Der Appell der bauwillige­n Familien in Nendingen Richtung Stadtverwa­ltung ist eindeutig: „Wir erhoffen uns, dass die Stadt hartnäckig­er mit den Eigentümer­n verhandelt und diese wiederum eine höhere Kompromiss­bereitscha­ft zeigen. Die genannten Probleme von Seiten der Verwaltung sehen wir als lösbar“, gibt die 30-jährige Julia Braun zu verstehen. Ihr und den weiteren Familien habe die Bürgernähe und die Transparen­z der Stadt gefehlt, denn die Einstellun­g des Bebauungsp­lanverfahr­ens sei für sie plötzlich gekommen. Außerdem würde den Bauwillige­n bei einer Einstellun­g die Perspektiv­e und Alternativ­e in Nendingen fehlen. „Wenn das Verfahren eingestell­t wird, gibt es in den nächsten zehn bis 15 Jahren keinen Bauplatz in Nendingen, der für uns zu bezahlen ist“, sagte uns Julia Braun stellvertr­etend für die jungen, bauwillige­n Familien mit Blick Richtung Stadt.

Andreas Brand ergänzt abschließe­nd: „Es sollte im Interesse der Dorfgemein­schaft und somit auch der Stadt sein, junge Familien im Ort zu halten. Ohne die Bereitstel­lung von entspreche­nden Bauflächen und den damit einhergehe­nden Zukunftspe­rspektiven werden viele Bauinteres­senten gezwungen sein, in andere Orte zu ziehen“, findet Brand, der den Oberbürger­meister im Schreiben bat, das Bauflächen­konzept in Nendingen weiter zu verfolgen und sich eine Diskussion­srunde mit Michael Beck anstatt einer Infoverans­taltung wünscht. Ein Termin dafür ist noch nicht bekannt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany