Offensivspektakel und Abwehrsorgen
Die Defensive bleibt die größte Baustelle des VfB Stuttgart – die Berliner Umstände weniger
STUTTGART - Die Reise in das viel besprochene Risikogebiet tritt Pellegrino Matarazzo ohne ein mulmiges Gefühl im Bauch an. Berlin, war das was? Für den Trainer des VfB Stuttgart zählt vor dem Spiel gegen Hertha BSC am Samstag (15.30/Sky) nur der sportliche Aspekt. Alles andere liegt nicht in seiner Hand. Daher gebe es vor der Reise auch keine Veränderungen in der Gefühlswelt: „Nein, eigentlich nicht, weil wir alle Vorsichtmaßnahmen ergreifen: im Hotel mit Maske rumlaufen, Abstände einhalten und natürlich weiterhina auf Fotos mit Fans und Autogrammstunden verzichten“, sagte der 42-Jährige, der dieses Thema so klein wie möglich halten wollte. Auch die Spieler würden natürlich regelmäßig instruiert. In der Länderpspielpause hätte es noch mal einige Hinweise vom Arzt gegeben, was sinnvoll sei, damit es die Profis immer vor Augen hätten – „zum Beispiel keine Reisen in Risikogebiete“, sagte Matarazzo und verzichtete bei aller Ironie in Bezug auf das anstehende Auswärtsspiel dann doch auf ein Schmunzeln.
Denn dass in Berlin trotz der Umstände bis zu 5000 Fans im Stadion sein könnten, das ist in Zeiten höchster Infektionszahlen zwar etwas paradox, doch für den Trainer eben unabänderlich. Nur so viel: „Ich freue mich, wenn Zuschauer im Stadion sind, das hat dann immer eine andere Emotionalität. Ich freue mich daher, dass Zuschauer in Berlin sind“, sagte er und schob noch hinterher: „Ohne zu bewerten, ob das sinnvoll ist.“
Zudem hat der Trainer schon allein sportlich ohnehin genug zu bedenken. Allen voran die personellen Schwierigkeiten im defensiven Bereich: Neu-Abwehrchef Waldemar Anton muss wegen einer Außenbandverletzung im Sprunggelenk zumindest in Berlin passen. Etwas bedrohlicher ist die Lage bei Konstantinos Mavropanos. Der Grieche droht nach Aussage des Trainers „mehrere Wochen, wenn nicht sogar Monate“ zu fehlen. Die Knieverletzung, die sich der Verteidiger im Test gegen den SC Freiburg (3:0) vor einer Woche zuzog, habe sich als Meniskusriss herausgestellt. Mavropanos müsse nun operiert werden.
Für den Trainer bedeutet das aber auch, dass er wieder einmal umbauen muss. Erschwerend kommt hinzu, dass auch die Einsätze der angeschlagenen Roberto Massimo (Knieprobleme), Borna Sosa und Darko Churlinov (beide Prellung) fraglich sind. Also soll es die vierte Abwehrformation im vierten Bundesligaspiel richten und den überraschend guten Start der Stuttgarter auch in der Hauptstadt fortsetzen. Alternativen sind aufgrund des recht umfangreichen Kaders zum Glück noch einige vorhanden. „Wenn alle fit sind, ist ein großer Kader eine große Herausforderung, denn man muss alle bei Laune halten. Nun habe ich aber die Vorteile, dass ich auf mehrere Optionen zugreifen kann“, verdeutlichte Matarazzo. Atakan Karazor als Innenverteidiger, aber auch Pascal Stenzel oder ein zurückgezogener Wataru Endo oder auch Marcin Kaminski – noch gibt es Nachschub, um die lichten Reihen aufzufüllen.
Dass die vier bisher ergatterten Punkte beim ambitionierten Berliner Club noch aufgestockt werden sollen, dafür ist aber die Offensive zuständig. Allgemein weiß diese bislang beim Aufsteiger zu gefallen.
Die erhoffte Marschrichtung vom Trainer liest sich dabei genauso ambitioniert wie in besten Stuttgarter Zeiten. Er wünsche sich „hoffentlich ein Offensivspektakel mit der nötigen Kontrolle. Das ist das, was wir immer anstreben.“Dass nun gerade die mit „viel Tempo und Qualität“ausgestatteten Berliner bereitstehen, die auch gegen den Rekordmeister aus München zuletzt bewiesen, dass sie durchaus im vorderen Tabellenbereich mithalten und kompakt stehen können, lässt nicht nur Matarazzo an gute samstägliche Unterhaltung glauben. „Die Berliner sind schwer zu berechnen“, sagte der Trainer also nur und zudem „in einer ähnlichen Situation wie wir durch die vielen Abstellungen in der Pause“. Entscheidend werde sein, „wer sich am schnellsten sammeln und eine Einheit formen kann“.
Die Umstände dürften dabei ja anscheinend keine Probleme darstellen.