Ein Armutszeugnis
Kein CDU-Kultusminister konnte es der GEW recht machen
Zu „Bildungsungerechtigkeit abbauen“(12.10.):
Aus jahrzehntelanger berufsbedingter tiefer Kenntnis des Verhältnisses zwischen GEW und Kultusministerium überraschen mich die Aussagen der scheidenden Landesvorsitzenden Moritz nicht. Kein CDU-Kultusminister konnte es jemals der linken Lehrergewerkschaft recht machen. Das konnte und kann auch Frau Eisenmann nicht. Das dicke Lob hingegen für Kultusminister Andreas Stoch (SPD) ist auch keine Sensation. Er setzte einen Großteil der ideologischen Träume der GEW mit der Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung und der Einführung der Gemeinschaftsschule in ideologiegeleitete Schulpolitik um. Die GEW hat sich Bildungsgerechtigkeit auf ihre Fahnen geschrieben. Das klingt gut. Erreichen will sie dies mit einer Schule für alle, bei welcher alle Kinder – vom Sonderschüler bis zum Gymnasiasten – in einer Klasse gemeinsam oder jeder für sich lernen. Auf den Fußball übertragen ist dies gleichbedeutend, wie wenn eine Mannschaft aus Spielern von der Kreisklasse bis zur Bundesliga zusammengestellt wird. Der gesunde Menschenverstand sagt einem, wie groß der Erfolg beim Wettbewerb in der Champions-League sein wird.
Während Baden-Württemberg unter CDU-Kultusministern mit dem dreigliedrigen Schulsystem bei Ländervergleichen zusammen mit Bayern und Sachsen das Spitzentrio bildete, landete es nach nur einer Legislaturperiode
mit einer grün-roten Landesregierung am Schluss der Tabelle zusammen mit Berlin, Bremen und Brandenburg.
Anton Blank,
Erolzheim
Verfehlte Familienpolitik
Zu „In Deutschland fehlen 342 000 Kita-Plätze“(12.10.):
Dass so viele Kita-Plätze für unter 3Jährige fehlen, liegt zum größten Teil an der verfehlten Familienpolitik der Bundesregierung, besonders des Familienministeriums. Es gibt keine wirkliche Wahlfreiheit für arbeitende Eltern, sich um ihre unter 3-Jährigen Kinder selbst zu kümmern - ohne finanzielle Einbußen und ohne Rentenabzüge, wenn die Mutter und der Vater, jeweils allein oder alternierend, ihren Nachwuchs ohne Kita versorgen und/oder erziehen wollen. Keine ausreichenden Rentenpunkte, keine Rückkehrgarantie auf den Arbeitsplatz, keine finanzielle Unterstützung ähnlich den staatlichen Kitazuschüssen, keine ausreichenden Steuerverbesserungen für Familien mit Kindern. Alle wissenschaftlichen Untersuchungen zeigen, dass eine häusliche Betreuung bis zum 2 ½ Lebensjahr emotionale Vorteile gegenüber Fremdbetreuung haben. Die meisten Studien, die das infrage stellen und darauf hinweisen, dass Bildung in Kitas besser aufgehoben sei, als in Familien, verkennen, dass die Emotionalität (Bindung) in den ersten Lebensjahren vor der Bildung rangieren sollte. Sie sind meist auch von Gruppierungen und Parteien in Auftrag gegeben worden und als Parteiengutachten nicht wirklich aussagekräftig.
Dr. Hans-Otto Dumke, Biberach
Zu „Koalition setzt Wahlrechtsreform durch“(9.10.):
Deutschland hat nach China das zweitgrößte Parlament auf der Welt. China hat 1.4 Milliarden Menschen. Deutschland dagegen nur 83 Millionen. Zudem hat Deutschland noch 16 Länderparlamente. Die vor Kurzem vom Bundestag beschlossene Wahlrechtsreform wird laut Experten keine Verkleinerung des Parlaments bewirken. Statt wie derzeit vorgesehen 598 Abgeordnete werden dem nächsten Bundestag vermutlich wieder über 700 Abgeordnete angehören. Dies sind fast doppelt so viel wie im großdeutschen letzten Kaiserreich oder der Weimarer Republik. Bei Plenarsitzungen sind selten die Hälfte der Abgeordneten anwesend. Der Bundestag verschlingt schon jetzt pro Jahr beinahe 1 Milliarde Euro. Die Politik hat in der Corona-Krise gezeigt, dass sie handlungsfähig ist. Es wird unglaublich viel Geld ausgegeben, das die Bürger vermutlich durch nochmals 10 Jahre Nullzinspolitik zurückbezahlen müssen. Es gilt deshalb, wo immer möglich, staatlicherseits Geld einzusparen. Viele Bürger hierzulande sind deshalb enttäuscht, weil die Parteien, die Regierung und letztlich das Parlament keine wirksame Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des deutschen Bundestages getroffen haben, die ihren Namen verdient hat. Scheinbar sind die Politiker nicht in der Lage, offensichtliche Probleme zu lösen, wenn eigene Interessen berührt sind. Ein Armutszeugnis für unsere Volksvertreter.
Hubert Kiesel, Bühlerzell
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