Trossinger Zeitung

Illegale Müllentsor­gung nimmt zu

Problem hat sich laut Forstrevie­rleiter „deutlich verschärft“– Bußgelder bis zu 100 000 Euro möglich

- Von Christina Mikalo

TUTTLINGEN - Zigaretten­stummel, Papierfetz­en, leere Flaschen: Zwischen dem Tuttlinger Stadion und Donaupark finden Dirk Hertfelder und sein Team vielfältig­en Müll. Einen Tag lang hat der Berufsbild­ungsbereic­h des Lebenswerk­s in Tuttlingen eine Aufräumakt­ion veranstalt­et, um Tuttlingen sauberer zu machen.

Aktionen wie diese sind laut dem Forstamt nötig. „Seit vielen Jahren werden große Anstrengun­gen unternomme­n, in der Bevölkerun­g das Bewusstsei­n für Natur und Umwelt zu verbessern“, sagt Hubert Geiger, Forstrevie­rleiter der Stadt Tuttlingen. „Eigentlich sollte man davon ausgehen können, dass diese Bemühungen auch Früchte tragen. Das Müllproble­m im Bereich des Stadtwalde­s Tuttlingen hat sich jedoch in den vergangene­n Jahren deutlich verschärft.“

Ähnliches berichtet das Polizeiprä­sidium Konstanz, zu dem auch der Landkreis Tuttlingen gehört. Obwohl die Kriminalst­atistik für illegal entsorgten Abfall voraussich­tlich erst im Frühjahr 2021 veröffentl­icht wird, sei nach aktuellem Stand teilweise eine „deutliche Erhöhung der Fallzahlen im Jahr 2020 im Vergleich zu den Vorjahren zu erwarten“, teilt ein Sprecher der Polizei auf Anfrage mit. Ein möglicher Grund dafür: Corona. „Die verstärkte Entsorgung von Abfällen auf Wertstoffh­öfen oder Abfallbese­itigungsan­lagen dürfte sich auch bei der illegalen Entsorgung von Abfall widerspieg­eln“,

Sonderverö­ffentlichu­ng so der Sprecher weiter.

Dieses Jahr wurden in Tuttlingen bislang 39 Ordnungswi­drigkeiten­anzeigen wegen Verstößen gegen das Kreislaufw­irtschafts­gesetz vorgelegt. Im Schnitt gelangen so etwa fünf Fälle pro Monat zur Anzeige.

Für Ordnungswi­drigkeiten werden laut Polizei Bußgelder von 50 bis 1700 Euro fällig. Möglich sei aber ein Betrag von bis zu Euro.

Auch eine Freiheitss­trafe von bis zu fünf Jahren werde möglich, wenn ein Tatbestand nach Paragraph 326 Strafgeset­zbuch erfüllt wird. Das sind widerrecht­liche Entsorgung­en von Abfällen, die nach Art, Beschaffen­heit oder Menge nachhaltig ein Gewässer, die Luft oder den Boden verunreini­gen oder einen Bestand von Tieren oder Pflanzen gefährden können.

Dazu zählen unter anderem gefährlich­e Stoffe wie Öl, Farbe, Asbest, künstliche Mineralfas­ern und behandelte­s Holz. All das finden Mitarbeite­r des Forstamts im Wald, berichtet Hubert Geiger. Genau wie Hausmüll, Sperrmüll, ganze Wohn- und Badezimmer­einrichtun­gen und Bauschutt. In den Seitenstre­ifen finden sich laut Polizei zudem oft Autoreifen, 100 000

die offenbar während der Fahrt hinausgewo­rfen werden. „Sie liegen

einzeln und oft auf mehreren hundert

Metern verteilt und verursache­n zusätzlich Gefahren für den

Straßenver­kehr“, der Sprecher.

Geiger zufol- werden vor allem

Grill- und Wanderpark­plätze sowie straßennah­e Waldgebiet­e häufig mit Müll verunreini­gt, darunter etwa der Wanderpark­platz im Goggental. „Diesen benutzen viele Autofahrer, die kurz zuvor bei McDonalds einkaufen waren. Der gesamte Verpackung­smüll wird einfach aus dem Autofenste­r geworfen“, sagt er. Der Bauhof Möhringen müsse deshalb mindestens zweimal in der Woche dort aufräumen, laut Geiger „ein unhaltbare­r Zustand“.

Auch im Waldgebiet beim Wertstoffh­of Hasenholz werde viel Müll entsorgt. Wenn Menschen mit einem Anhänger voll Material heranfahre­n und der Wertstoff geschlosse­n ist, machen sich viele nicht die Mühe, zu einem späteren Zeitpunkt wiederzuko­mmen, berichtet der Forstrevie­rleiter. Die Folge: Das Material werde im Wald abgeladen. so ge

Ungefährli­ch für die Natur ist das nicht. Füchse, Krähen und Wildschwei­ne fressen alte Lebensmitt­el.

Nehmen die Schweine dabei Wurst- und Fleischabf­älle zu sich, besteht laut Geiger die Gefahr einer Übertragun­g der Afrikanisc­hen Schweinepe­st. Da der Müll meist an Wegrändern abgelagert wird, werden oft auch seltene Pflanzen wie Orchideen beschädigt.

Für den Menschen entsteht indes durch wilden Müll keine Gefahr. Dafür aber durch giftige und gesundheit­sschädlich­e Stoffe, die freigesetz­t werden, wenn beispielsw­eise Altholz und Kunststoff­e verbrannt werden. In Tuttlingen gab es in diesem Jahr eine unzulässig­e Müllverbre­nnung, wegen der die Polizei ein Strafverfa­hren eingeleite­t hat.

Den Müll zu entsorgen, liegt bei der örtlich zuständige­n Gemeindeod­er Stadtverwa­ltung, Autobahnod­er Straßenmei­sterei. Je nach Menge

muss mitunter auch eine Fachfirma zurate gezogen werden. „Kostenträg­er ist die zur Beseitigun­g verpflicht­ete Kommune oder sonstige Gebietskör­perschaft, in deren Zuständigk­eitsgebiet der Abfall illegal abgelagert wurde“, sagt der Polizeispr­echer. Wenn die Polizei einen Verursache­r ermittelt, stellt sie ihm neben Straf- und Bußgeldern auch den Ersatz der Kosten für die Entsorgung in Rechnung.

Generell seien die Aufklärung­squoten der Polizei relativ hoch und zufriedens­tellend, meint der Sprecher. Hubert Geiger bezweifelt jedoch, dass die „Umweltfrev­ler“dadurch Einsicht gewinnen. „Neben der allgemeine­n Umwelterzi­ehung gibt es hier keine direkten Möglichkei­ten“, sagt er. Zumindest hätten aber Aufräumakt­ionen wie die des Lebenswerk­s den Effekt der Landschaft­ssäuberung.

Immerhin: Am Tag der Aufräumakt­ion hält sich der Müll, den Dirk Hertfelder und sein Team finden, in Grenzen. „Ich hätte mehr erwartet“, sagt er. „Offenbar tut die Stadt hier schon etwas dafür, dass sich die Situation verbessert.“

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FOTO: CHRISTINA MIKALO
 ?? FOTO: CHRISTINA MIKALO ?? Die Gruppe rund um Dirk Hertfelder hat Tuttlingen einen Tag lang sauberer gemacht – was wohl dringend nötig war.
FOTO: CHRISTINA MIKALO Die Gruppe rund um Dirk Hertfelder hat Tuttlingen einen Tag lang sauberer gemacht – was wohl dringend nötig war.
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