Illegale Müllentsorgung nimmt zu
Problem hat sich laut Forstrevierleiter „deutlich verschärft“– Bußgelder bis zu 100 000 Euro möglich
TUTTLINGEN - Zigarettenstummel, Papierfetzen, leere Flaschen: Zwischen dem Tuttlinger Stadion und Donaupark finden Dirk Hertfelder und sein Team vielfältigen Müll. Einen Tag lang hat der Berufsbildungsbereich des Lebenswerks in Tuttlingen eine Aufräumaktion veranstaltet, um Tuttlingen sauberer zu machen.
Aktionen wie diese sind laut dem Forstamt nötig. „Seit vielen Jahren werden große Anstrengungen unternommen, in der Bevölkerung das Bewusstsein für Natur und Umwelt zu verbessern“, sagt Hubert Geiger, Forstrevierleiter der Stadt Tuttlingen. „Eigentlich sollte man davon ausgehen können, dass diese Bemühungen auch Früchte tragen. Das Müllproblem im Bereich des Stadtwaldes Tuttlingen hat sich jedoch in den vergangenen Jahren deutlich verschärft.“
Ähnliches berichtet das Polizeipräsidium Konstanz, zu dem auch der Landkreis Tuttlingen gehört. Obwohl die Kriminalstatistik für illegal entsorgten Abfall voraussichtlich erst im Frühjahr 2021 veröffentlicht wird, sei nach aktuellem Stand teilweise eine „deutliche Erhöhung der Fallzahlen im Jahr 2020 im Vergleich zu den Vorjahren zu erwarten“, teilt ein Sprecher der Polizei auf Anfrage mit. Ein möglicher Grund dafür: Corona. „Die verstärkte Entsorgung von Abfällen auf Wertstoffhöfen oder Abfallbeseitigungsanlagen dürfte sich auch bei der illegalen Entsorgung von Abfall widerspiegeln“,
Sonderveröffentlichung so der Sprecher weiter.
Dieses Jahr wurden in Tuttlingen bislang 39 Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen Verstößen gegen das Kreislaufwirtschaftsgesetz vorgelegt. Im Schnitt gelangen so etwa fünf Fälle pro Monat zur Anzeige.
Für Ordnungswidrigkeiten werden laut Polizei Bußgelder von 50 bis 1700 Euro fällig. Möglich sei aber ein Betrag von bis zu Euro.
Auch eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren werde möglich, wenn ein Tatbestand nach Paragraph 326 Strafgesetzbuch erfüllt wird. Das sind widerrechtliche Entsorgungen von Abfällen, die nach Art, Beschaffenheit oder Menge nachhaltig ein Gewässer, die Luft oder den Boden verunreinigen oder einen Bestand von Tieren oder Pflanzen gefährden können.
Dazu zählen unter anderem gefährliche Stoffe wie Öl, Farbe, Asbest, künstliche Mineralfasern und behandeltes Holz. All das finden Mitarbeiter des Forstamts im Wald, berichtet Hubert Geiger. Genau wie Hausmüll, Sperrmüll, ganze Wohn- und Badezimmereinrichtungen und Bauschutt. In den Seitenstreifen finden sich laut Polizei zudem oft Autoreifen, 100 000
die offenbar während der Fahrt hinausgeworfen werden. „Sie liegen
einzeln und oft auf mehreren hundert
Metern verteilt und verursachen zusätzlich Gefahren für den
Straßenverkehr“, der Sprecher.
Geiger zufol- werden vor allem
Grill- und Wanderparkplätze sowie straßennahe Waldgebiete häufig mit Müll verunreinigt, darunter etwa der Wanderparkplatz im Goggental. „Diesen benutzen viele Autofahrer, die kurz zuvor bei McDonalds einkaufen waren. Der gesamte Verpackungsmüll wird einfach aus dem Autofenster geworfen“, sagt er. Der Bauhof Möhringen müsse deshalb mindestens zweimal in der Woche dort aufräumen, laut Geiger „ein unhaltbarer Zustand“.
Auch im Waldgebiet beim Wertstoffhof Hasenholz werde viel Müll entsorgt. Wenn Menschen mit einem Anhänger voll Material heranfahren und der Wertstoff geschlossen ist, machen sich viele nicht die Mühe, zu einem späteren Zeitpunkt wiederzukommen, berichtet der Forstrevierleiter. Die Folge: Das Material werde im Wald abgeladen. so ge
Ungefährlich für die Natur ist das nicht. Füchse, Krähen und Wildschweine fressen alte Lebensmittel.
Nehmen die Schweine dabei Wurst- und Fleischabfälle zu sich, besteht laut Geiger die Gefahr einer Übertragung der Afrikanischen Schweinepest. Da der Müll meist an Wegrändern abgelagert wird, werden oft auch seltene Pflanzen wie Orchideen beschädigt.
Für den Menschen entsteht indes durch wilden Müll keine Gefahr. Dafür aber durch giftige und gesundheitsschädliche Stoffe, die freigesetzt werden, wenn beispielsweise Altholz und Kunststoffe verbrannt werden. In Tuttlingen gab es in diesem Jahr eine unzulässige Müllverbrennung, wegen der die Polizei ein Strafverfahren eingeleitet hat.
Den Müll zu entsorgen, liegt bei der örtlich zuständigen Gemeindeoder Stadtverwaltung, Autobahnoder Straßenmeisterei. Je nach Menge
muss mitunter auch eine Fachfirma zurate gezogen werden. „Kostenträger ist die zur Beseitigung verpflichtete Kommune oder sonstige Gebietskörperschaft, in deren Zuständigkeitsgebiet der Abfall illegal abgelagert wurde“, sagt der Polizeisprecher. Wenn die Polizei einen Verursacher ermittelt, stellt sie ihm neben Straf- und Bußgeldern auch den Ersatz der Kosten für die Entsorgung in Rechnung.
Generell seien die Aufklärungsquoten der Polizei relativ hoch und zufriedenstellend, meint der Sprecher. Hubert Geiger bezweifelt jedoch, dass die „Umweltfrevler“dadurch Einsicht gewinnen. „Neben der allgemeinen Umwelterziehung gibt es hier keine direkten Möglichkeiten“, sagt er. Zumindest hätten aber Aufräumaktionen wie die des Lebenswerks den Effekt der Landschaftssäuberung.
Immerhin: Am Tag der Aufräumaktion hält sich der Müll, den Dirk Hertfelder und sein Team finden, in Grenzen. „Ich hätte mehr erwartet“, sagt er. „Offenbar tut die Stadt hier schon etwas dafür, dass sich die Situation verbessert.“