Leger und lecker – nicht nur beim Mittagstisch
Morgens wie ein Kaiser, mittags wie ein König, abends wie ein Bettelmann? Es vergeht kaum ein Jahr, in dem Ernährungswissenschaftler nicht diverse Weisheiten in Sachen Essen über den Haufen werfen und an der ständig neu gebastelten Ernährungspyramide rütteln. Durch Betriebe wie das Colours in Ravensburg, das unter der Woche schon um zehn Uhr aufmacht und erst nach Mitternacht wieder zu, spielt es eigentlich keine so große Rolle mehr, wann der Mensch Hunger verspürt. Denn mitten in der Stadt gibt’s da fast immer was. Die belebte Lage, die im Trubel der Einkäufer und Flaneure auch eine gute Bühne fürs Menschengucken ist, lässt’s nie langweilig werden: Draußen nicht, nicht im pittoresk gestalteten Eingangsbereich – einer mediterranen Piazza nachempfunden, und schon gar nicht im Innern des Gebäudes.
Wo eine eindrucksvolle Bar, ausgelegt mit wundervollen OrnamentFliesen, den nicht uneleganten Bogen zu dunklen Holztischen mit Ledermobiliar schlägt.
Diese insgesamt eher auf größere Gästezahlen angelegte Konzeption versucht auf der kulinarischen Ebene durchaus den teils mediterranen Einrichtungsstil einzufangen. Und auch das Asiatische ist den Machern nicht ganz fremd. Das belegen neben der Thaisuppe auch die sogenannten Bowls, also Schüsseln, in denen sich wohlgeordnet verschiedene Komponenten versammeln. Im konkreten Fall ist die Bowl von gegrillter Paprika, Zucchini in feinen Streifen, Feta, Spinat und Oliven bevölkert, ein Häufchen duftiger Basmatireis nicht zu vergessen. Ergänzt um Gebratenes von der Pute – glücklicherweise schön saftig – ergibt sich eine fast komplette
Von Erich Nyffenegger Mahlzeit, die selbst kritischen Diätassistenten ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. Einzig eine sehr süßlich-sahnige Soße will nicht so recht dazu passen. Etwas Klares, Feuriges wäre eine hübsche Ergänzung gewesen.
Um das Mittagsmahl nicht zu gesund werden zu lassen, dürfen noch mit echtem Wintertrüffel verfeinerte Pommes ihren kalorienreichen Beitrag leisten. Was sich auf der Karte wie ein Gag liest, ist in der Realität durchaus eine stimmige Verbindung von Knusper und Trüffelaroma. Flammkuchen gibt’s übrigens auch noch im Colours – die klassische Variante mit saurer Sahne, Kräutern und Speck ist ein unanstrengender Begleiter zum leichten Wein, wobei weniger Speck in diesem Fall mehr gewesen wäre.
Ein süßes Ende beschert der Apfelstrudel mit einer hübsch vanilligen Vanillesoße. Auch hier zeigt sich das Colours von der soliden Seite und achtet beim Einkauf offenbar auf ein gutes Maß an Qualität. Über jeden Zweifel erhaben zeigen sich die guten Geister im Service, die auch bei größeren Gästebewegungen den Überblick nicht verlieren, ihre Freundlichkeit schon gar nicht.
Damit ist das Colours das, was ein Tagesrestaurant in Stadtlage sein sollte: leger und durchaus lecker. Der später anbrechende Barbetrieb zeigt zudem eine große Auswahl an Cocktails – die am Ende des Tages das Essen etwas in den Hintergrund drängen. Denn das Colours ist für nicht wenige eine gefragte Adresse, die das bisschen, das sie essen, lieber trinken möchten.