„Ihrer Heimat beraubt“
Mahnmal erinnert an Gräueltaten vor 80 Jahren
VILLINGEN-SCHWENNINGEN (sbo) - „Die jüdische Gemeinde ist ihrer Heimat beraubt. Damit ist Villingen nicht mehr vollständig“, steht auf der im Pflaster des Bahnhofsvorplatzes eingelassenen Bronzeplatte, die am Donnerstag von Oberbürgermeister Jürgen Roth und dem Verein „Pro Stolpersteine VS“eingeweiht wurde.
Gut ein Jahr lang hatten sie schon kein Wohnrecht mehr, als die in Villingen lebenden Juden – zeitgleich mit 6500 in Baden und der Pfalz – im Oktober 1940 gewaltsam aus ihren Häusern geholt und zum Bahnhof gebracht wurden. Sie wurden in Züge gepfercht und ins südfranzösische Gurs verfrachtet. Unter grauenhaften Zuständen starben und überlebten sie am Rande der Pyrenäen, fern der Heimat. Für viele war Gurs nur eine Zwischenstation auf dem Weg nach Auschwitz und in andere Konzentrationslager.
Bei der Mahnwache am Donnerstagabend, zu der trotz Dauerregens rund 70 Menschen gekommen waren, wurde ihrer gedacht: elf Villinger, Hermann Faber, Berthold und Georgine Haberer, Bella Kohn, Heinrich,
Martha und Sally Schwab, Bertha, Hugo Heinrich, Irma und Julie Schwarz, sowie fünf weitere jüdische
Mitbürger aus dem Umkreis, Josef Grunkin aus Riedöschingen und Seligmann Hirsch aus der Krankenanstalt Geisingen und die Triberger Familie Otto Erwin, Frieda und Siegfried Haas.
Seit 2011 erinnert ein Gedenkstein vor dem Villinger Bahnhof an das Verbrechen der Nationalsozialisten vor 80 Jahren. Schüler der St. UrsulaSchulen und Mitglieder der kirchlichen Jugendarbeit hatten sich zuvor zwei Jahre lang mit dem Schicksal der Genannten beschäftigt und den Stein entworfen. Seit Bestehen des Vereins „Pro Stolpersteine VS“2014 werden hier an jedem 22. Oktober Mahnwachen im Gedenken an die Deportierten abgehalten.
Den 80. Jahrestag nahm der Verein zum Anlass, die Bodenplatte anfertigen zu lassen, die Stadt übernahm die Verlegung. Jürgen Roth lobte das Engagement aller Beteiligten, und der Vereinsvorsitzende Friedrich Engelke umschrieb den Grund für die Bodenplatte: „Heute geben wir ihnen ihre Namen zurück.“