Christine Treublut ist Landtagskandidatin der SPD
Die Lehrerin setzte sich deutlich gegen ihren Gegenkandidaten Enrico Becker durch
KREIS TUTTLINGEN – Christine Treublut aus Tuttlingen ist die Kandidatin der SPD im Wahlkampf um das Landtagsmandat 2021. Sie tritt im Wahlkreis 55 an, zu dem neben dem Landkreis Tuttlingen die drei Städte Donaueschingen, Blumberg und Hüfingen (alle Schwarzwald-BaarKreis) gehören. Die Lehrerin an der Fritz-Erler-Schule vereinte 20 der 27 Delegierten-Stimmen auf sich; auf ihren Gegenkandidaten Enrico Becker aus Spaichingen entfielen sieben Voten.
August Bebel hätte wohl gestaunt, wenn er erfahren hätte, wo seine SPD zusammenkommt, um die Landtagswahl ins Auge zu fassen: in der Fürstlichen Hofbibliothek am Donaueschinger Schloss. Und er hätte nochmals gestaunt, dass eine Kandidatin gar nicht vor Ort war: Christine Treublut war nur per PC zugeschaltet, weil sie kurz vor dem Termin in Quarantäne hatte gehen müssen – die Schülerin einer ihrer Klassen an der FES hatte sich als corona-positiv gemeldet, und so musste die Pädagogin ihre Bewerbungsrede live aus Tuttlingen nach Donaueschingen übertragen. Auch an der Abstimmung konnte sie so nicht teilnehmen, weil sie, obwohl Delegierte, per Bildschirm nicht geheim wählen konnte,
Christine Treublut (53) stammt aus Niedersachsen, lebt aber schon lange in Tuttlingen. Sie ist an mehreren Stellen ehrenamtlich tätig, unter anderem im Vorstand der VHS, in der Europa-Union und vor allem im Rittergarten-Verein, dessen Vorsitzende sie ist. In ihrer Rede hatte sie sich unter anderem für mehr Frauen im Landtag eingesetzt, was man über ein besseres Wahlrecht erreichen müsse. Die derzeitige grün-schwarze Landesregierung lässt sich ihr zufolge treiben, wo sie Akzente setzen müsse – etwa in der Energiepolitik. Zu ihren konkreten Forderungen in der Regionalpolitik gehört der zweigleisige Ausbau der Gäubahn; doch auch für ein landesweites Radwegenetz setzt sie sich ein – Radfahren sei kein Hobby, sondern eine klimafreundliche Form von Mobilität.
Enrico Becker, Kreisvorsitzender der SPD im Kreis Tuttlingen und Vorsitzender des Ortsvereins Spaichingen-Heuberg, hatte in seiner Bewerbung vor allem mit dem Themenkomplex Digitalisierung für sich geworben. Die sieht der IT-Systemkaufmann in anderen Politikfeldern jeweils als beherrschendes Element – ob in der Bildung, in der Gesundheitspolitik, dem Klimaschutz oder in der Arbeitswelt. Sein Motto: „Zeit für ein Update“– doch das verfing bei der Mehrzahl der Delegierten nicht, die dann Christine Treublut aufs Schild hoben,
Ihre Ersatzkandidatin ist Kerstin Skodell (59), selbstständige Podologin aus Hüfingen sowie Ortschafts-,
Gemeinde- und Kreisrätin und stellvertretende Bürgermeisterin ihrer Heimatgemeinde. Auf sie entfielen 26 Stimmen der 27 Delegierten bei einer Enthaltung; eine Gegenkandidatur gab es hier nicht.
In der Fragerunde der SPD-Mitglieder waren einmal scharfe Töne zu hören, als die Delegierte Martina Wiemer beiden Kandidaten vorwarf, lediglich Worthülsen zu produzieren, wenn es um die gerechte Bezahlung und um die Würdigung „systemrelevanter Berufe“gehe – die Delegierte beschrieb sich als „sauer“und wütend. Im Frühjahr habe man geklatscht, so erklärte sie nicht nur mit Blick auf Christine Treublut und Enrico Becker, sondern die ganze Gesellschaft. Jetzt „hört man nichts, auch nicht von der SPD“; ihre Frage lautete ganz konkret: „Was wollt also machen?!“Beide Bewerber blieben hier im Vagen, verwiesen auf die Tarifautonomie und auf die fehlende Gestaltungsmöglichkeiten der oppositionellen SPD im Landtag.
Thema der Versammlung war auch das Home Office. Hier warnte das Möhringer Alt-Mitglied Helmut Wagner vor einer Entsolidarisierung: Man müsse „höllisch aufpassen“, so seine Befürchtung, dass im Home Office tätige Menschen die Gewerkschaftsbewegung nicht stärken würden. Und seine Erfahrung aus vielen Jahren Betriebsratsarbeit bei Aesculap: „Man muss mit den Leuten reden.“Das wollen Christine Treublut und Kerstin Skodell in den kommenden Monaten tun.