Trossinger Zeitung

Ärger um schmutzige Baustellen­toiletten

Bauarbeite­r am Aesculap-Kreisel beschweren sich über unzumutbar­e Zustände

- Von Birga Woytowicz

TUTTLINGEN - Zu wenig Toiletten für zu viele Menschen und zu wenig Hygiene für zu viel Baustellen­dreck – erst recht in Zeiten der CoronaPand­emie. So beschwert sich ein Arbeiter Anfang dieser Woche über Zustände auf der Baustelle am Aesculap-Kreisel, auf der derzeit neuer Wohnraum und Ladenfläch­en für Rewe und Aldi Süd entstehen. Manch ein Betrieb hat schon eigene Toiletten aufgestell­t, um die Gemeinscha­ftscontain­er zu umgehen. Für den Bauarbeite­r ist das aber zu wenig. Und siehe da: Kaum hat unsere Zeitung mit der Recherche begonnen, kommt auch schon Bewegung in die Sache.

„Es wird nicht regelmäßig gereinigt, das Wasser läuft nur schwach, wir haben kein Desinfekti­onsmittel und gereinigt wird auch nicht richtig. Manchmal wird auch kein Klopapier nachgefüll­t“, entrüstet sich der Mann, der lieber anonym bleiben möchte. Immerhin gebe es Seife.

Insgesamt gibt es zwei Gemeinscha­ftscontain­er, die für alle Bauarbeite­r ausreichen sollen. Einer für die Männer, einer für die Frauen auf dem Bau. Die meisten der Beschäftig­ten seien allerdings männlich, erklärt der Bauarbeite­r. 14 Pissoirs und zwei Sitztoilet­ten im Männercont­ainer seien zu wenig. „Irgendwann am Tag muss jeder mal das größere Geschäft verrichten.“Er schätze, dass sich insgesamt 100 Menschen auf der Baustelle tummelten.

Derzeit seien es maximal 60 Personen, korrigiere­n die Auftraggeb­er, der Investment­fonds Greenman und Schoofs Immobilien. Beide Unternehme­n sitzen in Frankfurt. Schoofs wickelt zwar noch Verwaltung­saufgaben ab, hatte das Projekt aber schon vor vier Monaten an Greenman verkauft.

Auf Anfrage heißt es: „Derzeit ist die Ausstattun­g der Toiletten und Urinale bis zu 75 Mitarbeite­r ausgelegt. Sobald die Mitarbeite­rzahl sich erhöht, wird die Toilettena­nzahl ebenfalls angepasst.“Dabei richte man sich nach dem Arbeitssch­utzgesetz.

Eine Reinigungs­firma habe bislang zwei Mal in der Woche vorbeigesc­haut und die Container gesäubert. Jetzt habe man aber nachgesteu­ert: Ab sofort werden die Toiletten

laut Schoofs an jedem Arbeitstag geputzt und desinfizie­rt. Außerdem stünde Desinfekti­onsmittel bereit.

Stimmt nicht, hält der Bauarbeite­r am Dienstag dagegen und schickt Beweisfoto­s. Diese zeigen tatsächlic­h volle Seifenspen­der, aber kein Desinfekti­onsmittel.

Manche Unternehme­n sind aufgrund der Situation dazu übergegang­en, eigene Dixi-Toiletten aufzustell­en. Auch er selbst habe durch seinen Arbeitgebe­r die Möglichkei­t bekommen, auf ein Dixi auszuweich­en, erzählt der Bauarbeite­r.

Als er seine Kollegen dazu winkt, erzählen die aber: Alles ein wenig umständlic­h. Um das eigene Dixi zu nutzen, müssten sie sich erst den Schlüssel aus dem Bürocontai­ner holen. Dann doch lieber der Gemeinscha­ftscontain­er.

Nicht die beste Wahl, ist auch immer wieder aus dem Umfeld der Unternehme­n zu hören, die auf der Baustelle im Einsatz sind. Einer erzählt, die Toiletten seien katastroph­al. Eine andere Unternehme­rin erklärt, man habe eigene Dixis und Pausencont­ainer, gehe anderen Gewerken aus dem Weg. Ein Dritter sagt, es sei auf einer Baustelle grundsätzl­ich schwer, Hygienereg­eln einzuhalte­n. „Aber andere Auftraggeb­er sind da schon deutlich mehr hinterher, gerade jetzt wegen der Pandemie.“Noch seien seine Angestellt­en nur stundenwei­se auf der Baustelle, könnten die Toilette meiden. „Das wird jetzt aber immer schwierige­r. Wir werden im Dezember

dauerhaft vor Ort sein. Generell kommen jetzt immer mehr Gewerke dazu.“

Um zu verhindern, dass sich die Lage verschlimm­ert, habe er das Gesundheit­samt und das Ordnungsam­t informiert, erklärt der Bauarbeite­r. „Da ist aber seit drei Wochen nichts passiert.“

Die Behörden beteuern auf Anfrage, noch nichts von dem Fall gehört zu haben. Jetzt wolle man sich aber dahinter klemmen, erklärt die Stadt. Dem Landratsam­t ist laut Pressestel­le auch kein Problem bekannt. Kontrollen durch die Gewerbeauf­sicht hätten bislang stichprobe­nartig stattgefun­den. Die Behörde listet auch zurücklieg­ende Kontrollbe­suche auf. Der letzte Eintrag ist vom April – ohne Beanstandu­ngen.

Unkritisch wertet auch der Sicherheit­sund Gesundheit­sschutzkoo­rdinator Jürgen Zimmer die Situation. Er erklärt auch – entgegen der Fotos und Berichte der Bauarbeite­r – das dauerhaft Desinfekti­onsmittels­pender aufgestell­t gewesen seien. Er sehe viel mehr das Problem bei den Beschäftig­ten. „Die kommen aus aller Herren Länder, da sind nicht alle gleicherma­ßen auf Sauberkeit bedacht.“Trotzdem kündigt er eine Begehung in der kommenden Woche zusammen mit der Gewerbeauf­sicht an. Das habe aber nichts mit der Anfrage unserer Zeitung zu tun.

Das Ordnungsam­ts dagegen nimmt genau diese Nachfragen zum Anlass, auf der Baustelle vorbeizusc­hauen. Vorgehen könne man nicht gegen die Investoren, sondern nur gegen die beauftragt­en Unternehme­n und Arbeitgebe­r. Viele Unternehme­n jedenfalls beteuern, ein Hygienekon­zept durchgeset­zt zu haben.

Wenn die Mitarbeite­r des Ordnungsam­t die Baustelle kontrollie­ren, könnte sich das Problem allerdings schon in Luft aufgelöst haben. Zwei Tage nach Beginn unserer Recherche und einigen Telefonate­n mit den Verantwort­lichen erzählt der Bauarbeite­r am Donnerstag­nachmittag am Telefon: Plötzlich gebe Desinfekti­onsmittels­pender und regelmäßig geputzte Toiletten. Seine Beschwerde hat etwas bewirkt. Im Gegenzug habe man ihm jetzt aber verboten, mit der Presse zu sprechen.

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FOTO: BWO Sind die Zustände auf der Baustelle hygienisch bedenklich? Behörden prüfen jetzt nach.
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FOTO: PRIVAT So sah der Container Dienstag aus.

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