Missbrauch in Gartenlaube von Münster vor Gericht
Noch während Ermittler Spuren auswerten, startet diese Woche ein großer Prozess gegen fünf Angeklagte
MÜNSTER (dpa) - Was dem heute Elfjährigen aus Münster in den vergangenen Jahren wohl zugefügt wurde, ist schwer zu ertragen: Er ist eines von mehreren Opfern im Missbrauchsfall Münster und nach bisherigen Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft besonders schwer getroffen. Er soll immer wieder von seinem Ziehvater, einem ITTechniker aus Münster, vergewaltigt und von ihm anderen Männern für schlimmste sexuelle Übergriffe zur Verfügung gestellt worden sein –wiederholt wehrlos gemacht mit k.o.-Tropfen. „So wie es sich uns bislang darstellt, soll der Angeklagte mit ihm auch durch Deutschland gereist und ihn an verschiedenen Orten Männern überlassen haben“, sagt Oberstaatsanwalt Martin Botzenhardt aus Münster.
Am Donnerstag beginnt der Prozess gegen den Angeklagten und drei weitere mutmaßliche Peiniger des Sohnes seiner langjährigen Lebensgefährtin. Damit startet das bisher größte Gerichtsverfahren in dem Missbrauchskomplex, der zu den umfangreichsten der letzten Jahre in Deutschland gehört. Auf der Anklagebank wird dann auch die Mutter des Hauptangeklagten sitzen: Die 45 Jahre alte Erzieherin soll den Männern ihre Gartenlaube zur Verfügung gestellt haben – in dem Wissen, was dort geschah: Die schweren sexualisierten Gewalttaten, die sich in dieser Hütte einer Kleingartensiedlung in Münster an drei Tagen im April 2020 abgespielt haben sollen, stehen im Zentrum der Anklage.
Der auch wegen des Besitzes von Kinderpornografie vorbestrafte Münsteraner war im Frühsommer in Verdacht geraten, sich an seinem eigenen Ziehsohn vergangen zu haben, nachdem ein Jahr nach dessen Sicherstellung ein verschlüsselter Laptop mit entsprechenden Bildern geknackt worden war. Die Ermittler stießen dann auf die Laube mit Doppelstockbetten und im Keller einer Wohnung auf einen vom Hauptangeklagten professionell eingerichteten Serverraum – alle dort sichergestellten Daten sind sehr gut verschlüsselt. Die Dimension des Falles zeichnete sich da bereits ab, erinnert sich Botzenhardt.
Wichtiges Beweisstück in dem Prozess wird ein mehrstündiges Überwachungsvideo aus der von den Angeklagten genutzten Laube sein. Die Ermittler konnten es auf einem Datenträger wiederherstellen, der bei der Durchsuchung der Hütte in einer Zwischendecke gefunden worden war.