Die Hürden-Springer von der Isar
Trotz einiger Nebenkriegsschauplätze lässt sich der FC Bayern nicht vom Weg abbringen
DORTMUND - Nun ist die Sache gekippt. Nein, nicht das Meisterschaftsrennen, dafür ist es zu früh in der Saison. Doch an diesem siebten Spieltag konnte der FC Bayern München seine ewige Bundesliga-Auswärtsbilanz bei Borussia Dortmund ins Positive drehen. Das 3:2 war der 17. Erfolg auf schwarz-gelbem Terrain, bei 16 Niederlagen und 19 Unentschieden. In der Torbilanz der BVB-Heimspiele gegen die Münchner steht es nun 73:73. Ein netter Randaspekt des deutschen Clásicos.
Was den dominant auftretenden Bayern zuletzt in der Liga fast nie passiert: Die Dortmunder hatten mehr Ballbesitz (50,9%), verzeichneten mehr Torabschlüsse (15:14) und mehr Eckbälle (4:3). „Das Spiel war sensationell gut. Es gab viele, viele Torchancen auf beiden Seiten“, fand Bayern-Trainer Hansi Flick, „wir haben vor dem Tor etwas entschlossener und effizienter gearbeitet.“Leon Goretzka meinte: „Wir sind marschiert, konnten über 90 Minuten Vollgas geben. Diese Spiele sind doppelt wichtig.“Und solche Siege für die Bayern erst recht.
Denn egal, welche Probleme auftauchten, welche „Knüppel“den Triple-Champions zwischen die Beine geworfen wurden – die Trotz-Bayern konnten jede Hürde überwinden. Die Übersicht:
Das Theater um Alaba:
Der Zoff um die Vertragsverlängerung von Abwehrchef David Alaba über 2021 hinaus ist hausgemacht. Vor einer Woche hatte Präsident Herbert Hainer im TV das Angebot des Vereins zurückgezogen, es folgte ein Hickhack um die Deutungshoheit, wer wann mit wem kommuniziert hatte. Alaba zeigte sich „verletzt und enttäuscht“, Flick war erbost, dass das Thema ausgerechnet vor dem Klassiker beim BVB aufgemacht wurde. Gibt es nun doch eine Chance auf einen Verbleib Alabas? „Wenn David bei Bayern bleiben möchte – was ich nicht gänzlich ausschließen möchte – dann man muss darüber nachdenken, dass man einen gesichtsschonenden Weg für beide Parteien findet“, sagte Vorstandsboss KarlHeinz
Rummenigge und betonte: „Die Tür ist noch einen Spalt auf.“Fortsetzung folgt in der Alaba-Posse.
Der Corona-Ärger um Süle:
Der positive Corona-Befund beim Innenverteidiger erinnerte an den Fall Serge Gnabry vor zwei Wochen. Auch Niklas Süle wurde mittlerweile zweimal negativ getestet. Dennoch musste er in Quarantäne und fehlte beim Spitzenspiel. Das Thema wird alle Vereine länger begleiten.
Die Verletzung von Kimmich:
In der 34. Minute schockte die Flick-Elf die schlimme Verletzung von Joshua Kimmich, der sich bei einer Grätsche gegen Erling Haaland, um einen Konter per taktischem Foul zu verhindern, einen Meniskuseinriss zuzog und unter Tränen von Betreuern gestützt in die Kabine gebracht werden musste. Laut erster Diagnose muss der Bösinger wohl operiert werden und mehrere Wochen pausieren. Immerhin
ist es nicht der befürchtete Kreuzbandriss, der womöglich das Saison-Aus bedeutet hätte.
Den Rückstand durch Reus:
In der Partie gerieten die Bayern dann kurz vor der Pause durch den Treffer von Marco Reus in Rückstand als vor allem die rechte Abwehrseite schlecht aussah und zu einfach ausgespielt wurde. Aus Münchner Sicht unnötig. „Dortmund hat sich mehr darauf konzentriert, auf unsere Fehler zu warten“, sagte Leon Goretzka und kritisierte, die Fehler wären „zu oft“aufgetreten und überhaupt wären es „mehr als sonst“gewesen. Dennoch änderte es nichts am Ausgang der Partie. BVB-Abwehrchef Mats Hummels erkärte: „Heute hat uns die Kaltschnäuzigkeit vorm Tor gefehlt. Es war fast klar, dass die Effektivität entscheidet.“Lucien Favre meinte: „Ich bin als Trainer enttäuscht über die Niederlage. Aber wir haben Fußball gespielt.“
Die aberkannten Lewy-Treffer:
Vor Reus' 1:0 war den Bayern ein Tor von Robert Lewandowski wegen hauchzarter Abseitsstellung (erst durch den Check des Videoschiedsrichters erkannt) zurückgepfiffen worden. Dennoch schlugen die Bayern zurück. Mit dem Freistoßtreffer von Alaba (ausgerechnet!), dem Kopfballtor von Lewandowski (ausgerechnet!) und Leroy Sanés Linksschuss zum 3:1. Dass am Ende ein weiteres Tor von Lewandowski wegen erneuter Abseitsstellung – es wäre das 4:2 gewesen – erneut nach VAR-Check nicht zählen durfte, amüsierte die Bayern fast schon.
Lewandowski übrigens steht nun bei 24 Treffern (19 davon für den FCB) im deutschen Klassiker – natürlich ist er damit Rekordtorschütze. Außerdem erzielte er sein 17. Tor im 13. Bundesliga-Spiel gegen den BVB und führt damit die vereinsinterne Torwertung gegen Dortmund klar vor Gerd Müller (14 Treffer) an.