Per Nießbrauch Steuern sparen
Wer frühzeitig handelt, kann selbst größere Vermögen steuerfrei weitergeben
RAVENSBURG - Wer ein Vermögen über viele Jahre aufgebaut hat, will verständlicherweise nicht, dass der Staat am Ende miterbt. Das muss auch nicht sein, denn wer frühzeitig handelt, kann selbst größere Vermögen steuerfrei weitergeben. „Zeit ist bei einer effektiven Nachlassplanung eine sehr wichtige Komponente“, sagt Carmen Bandt, zertifizierte Finanzplanerin und Geschäftsführende Gesellschafterin bei der Kidron Vermögensverwaltung aus Stuttgart. Viele kennen die Möglichkeit, die persönlichen Freibeträge, die sich alle zehn Jahre erneuern, für Schenkungen zu nutzen. So können zum Beispiel bis zu 400 000 Euro an eigene Kinder übertragen werden aber nur 20 000 an eine nicht verwandte Freundin. Es könnten aber noch ganz andere Summen steuerfrei weitergegeben werden, durch sogenannten „Wertpapiernießbrauch“.
Erben heranführen:
Nießbrauch, das kennen manche von Immobilien. Wenn etwa ein Eigenheim frühzeitig an die Kinder überschrieben wird, aber sich die Eltern ein lebenslanges Wohnrecht vorbehalten. Was selbst mancher Finanzprofi nicht weiß, Aktien, Fonds und Co. können ebenfalls auf diese Weise übertragen werden, während die Nutzung der Erträge dem ursprünglichen Besitzer zugutekommt. Das hat mehrere Vorteile: Zum Beispiel kann der oft noch jugendliche Beschenkte nicht einfach das Geld für schnelle Autos oder Luxusurlaube ausgeben, sondern die Verwaltung kann in bewährten Händen verbleiben. Dies könnte auch anders sichergestellt werden, aber Nießbrauchdepots haben einen entscheidenden Pluspunkt: „Durch ihren Einsatz lässt sich die Schenkungssteuer sehr effektiv reduzieren, wenn das zu übertragende Vermögen die Freibeträge übersteigt“, erklärt Kidron-Expertin Bandt. Ein Beispiel: Nutzt ein 63 Jahre alter Vater ein Nießbrauchdepot, kann er bis zu einer Million Euro an seine Tochter übertragen, ohne einen Cent
Schenkungssteuer zahlen zu müssen. Wie funktioniert das?
Nießbrauchwert berechnen:
Bei der Übertragung eines Wertpapierdepots mit einem Nießbrauchvorbehalt, darf die Tochter beim Finanzamt nicht nur ihren 400 000 Euro Freibetrag für Schenkungen geltend machen. Der Gedanke dahinter ist einfach: Wer Zinsen, Dividenden und Co. nicht nutzen kann, dem bringt das geschenkte Vermögen unter dem Strich weniger. Um zu ermitteln wieviel, wird der jährliche Wert des Nießbrauchs pro Jahr bestimmt und entsprechend eines von der statistischen Lebenserwartung abhängigen Multiplikators hochgerechnet. Das ergibt in diesem Fall bei angenommen fünf Prozent jährlichem Ertrag 602 800 Euro, darauf muss die Tochter wahrscheinlich bis zum Tod des Vaters verzichten. Da sie diesen Betrag vom übertragenen Vermögenswert abziehen darf, liegt der Rest unter der Freibetragsgrenze und es werden Null Euro Steuern fällig.
Rechtzeitig Rat einholen:
Einen gesetzlichen Haken gibt es allerdings: die Mindestlaufzeit. Der 63 Jahre alte Vater muss etwa noch mindestens sieben Jahre leben, damit der volle Abzug bestehen bleibt. „Es macht Sinn, das Thema Nießbrauch lieber früher als später mit der Hilfe von Vermögensverwalter, Steuerberater und Fachanwalt anzugehen“, rät Stefan Brähler, Geschäftsführer der auf Beratung von Vermögensverwaltern spezialisierten Confidema GmbH aus Friedrichsdorf im Taunus. Und Nießbrauchdepots können auch bei kleineren Summen sinnvoll sein, denn außerhalb der engeren Verwandtschaft gilt nur ein Freibetrag von 20 000 Euro. Wer zum Beispiel nicht mehr heiraten und seinem Lebenspartner trotzdem etwas hinterlassen will, kann mit diesem Modell eine ordentliche Summe steuervorteilhaft übertragen. Allerdings bieten nur wenige Institute, wie die auf Kunden unabhängiger Vermögensverwalter spezialisierte Münchner V-Bank, Nießbrauchdepots überhaupt an. Andere Banken scheuen den zusätzlichen Verwaltungsaufwand. „Besonders effektiv und kostengünstig kann es zudem sein, das Wertpapiervermögen in eine spezialisierte Versicherungspolice einzubringen, für die der Nießbrauch vereinbart wird“, ergänzt Stefan Brähler, „zum Beispiel sammeln sich nicht entnommene Erträge innerhalb solcher Versicherungen abgeltungssteuerfrei an und werden im Todesfall ganz ohne Abzug ausgezahlt.“Gerade bei der Nachlassplanung kann offensichtlich frühzeitiger Rat durch Experten helfen, die Steuerlast stark zu verringern oder sogar ganz zu vermeiden. Es gilt die Devise „besser früher als später handeln“.