Sie sind mitten unter uns
Die Anzahl an Ratten steigt seit einigen Jahren an - In der Stadt finden sie ideale Lebensbedingungen
TUTTLINGEN - Es gibt possierliche Tiere, wie Hunde und Katzen, Wellensittiche und das Hauskaninchen. Und es gibt welche, die möchte man auf keinen Fall im Haus haben: Ratten zum Beispiel. Ausgerechnet deren Population vermehrt sich in der Tuttlinger Innenstadt seit einigen Jahren munter.
Ratten sind Krankheitsüberträger und Materialschädlinge. Sie zerstören Elektroinstallationen, nagen Dämm-Materialien und Hausisolierungen an und können Tollwut, Typhus, Tuberkulose, Bandwürmer und Salmonellen auf Mensch und Haustiere übertragen. „Sie stellen eine Gefahr für die Gesundheit dar, und natürlich ist der Ekel in der Bevölkerung weit verbreitet“, sagt Stadtsprecher Arno Specht.
Die pelzigen Vierbeiner gehören seit Jahren zu den Innenstadtbewohnern. In den letzten zwei Jahren aber sind es mehr geworden: Dank der milden Winter und der Art der Köder, die die Verwaltung einsetzen darf. Die Richtlinien wurden neu überarbeitet, sodass nun strengere Anwendungsbestimmungen gelten. Wie viele Ratten es gibt, ist nicht zählbar, sagt die Verwaltung. Wohl aber die Bürger, die deshalb bei der Stadt anrufen: Das sind zwischen zwei und fünf pro Woche.
Vergangenes Jahr gab es im Bereich Königstraße und Jägerhofstraße verstärkt Beschwerden. „Die Tiere waren überall“, sagt ein Anwohner, der namentlich nicht in die Zeitung will: In den Straßen, Hinterhöfen und Abstellplätzen. Einige Nachbarn hätten die Vermutung gehabt, dass Fleisch- und Wurstreste in den Abfluss gelangen würden. Arno Specht sagt: „Bestätigt hat sich dieser Vorwurf allerdings nicht.“
Ratten sind Kulturfolger.
Sie finden in der Nähe menschlicher Ansiedlungen günstige Lebensbedingungen für sich. Deshalb sollte der Mensch dafür sorgen, dass die Lebensbedingungen für sie nicht allzu paradiesisch sind. Zu vermeiden ist, dass Essensreste in den Abfluss oder die Toilette geworfen oder die Bio-Eimer draußen ausgewaschen werden. Die Stadtverwaltung appelliert zudem an die Bürger, den Müll nicht offen zu lagern. Bei der Rattenplage in der Königstraße
habe es zum Beispiel viel geholfen, die Gelben Säcke schlecht zugänglich für die Nager aufzubewahBeigend ren, zum spiel hängend oder in verschlossenen Räumen. Mittlerweile sei es deutlich besser geworden, heißt es. Doch ganz verjagen kann man die Nagerpopulation nicht. Das hat die Betreiberin eines Fitnessstudios am ZOB auch bemerkt. Beim Lüften im Hochsommer verirrte sich eine Ratte in den Räumlichkeiten und verschanzte sich in einem hinteren Zimmer unter der Heizung. Ihre Mitarbeiterin habe das Tier beherzt und schnell wieder nach draußen befördert. Eine Kundin mit einer ausgeprägten Rattenphobie war noch schneller draußen: „Sie hat nur noch ihre Tasche gepackt und war weg“, sagt die Chefin. Offenbar lag eine ausgeprägte Rattenphobie vor. Laut der Internet-Domäne„Statistoka“ist diese recht weit verbreitet. Die Angst vor Ratten und Mäusen rangiert demnach auf Platz sieben der Liste der Phobien der Deutschen. Ganz vorne: Spinnen und Käfer,
große Höhen – und der Zahnarztbesuch.
Die Stadt kann verfügen, dass Bürger, die Ratten auf ihrem privaten Grundstück haben, diese beseitigen lassen müssen, und zwar auf eigene Kosten. Dafür gibt es Kammerjäger, die sich auf das Ausrotten von Schädlingen aller Art spezialisiert haben. Solche Fremdfirmen nutzt die Stadt nicht. Sie hat Köderschutzboxen in die Abwasserschächte eingebaut, die mit einem Giftköder belegt sind. Alle zwei bis drei Wochen werden die Boxen kontrolliert, bis zu 20 Ratten gehen jeweils in die Falle. Diese Werte werden elektronisch erfasst, denn die Tiere bleiben nicht in den Boxen. Sie holen den präparierten Köder heraus, verzehren ihn und gehen dann ein.
Im Bereich des Kindergartens Kernstadt hat die Verwaltung zudem Rattenfallen aufgestellt, sagt Benjamin Hirsch, persönlicher rent des Oberbürgermeisters. Refe-
Allerdings liege dort aktuell kein Problem vor. Tatsächlich seien schon vor einigen Jahren im Umfeld der Kindereinrichtung Ratten gesichtet worden, angelockt durch Hühnerhaltung in der Nachbarschaft. Warum stehen die Fallen dann immer noch? Hirsch: „Bei Kindergärten lassen wir nichts anbrennen. Es kann ja nichts schaden, falls sich doch noch eine Ratte dorthin verirrt.“
Wenn alles nichts nützt, hier noch ein Tipp von einem Unternehmen, das sich als Kammerjäger anbietet: „Katze als Haustier halten.“Genau, denn diese Tiere hat man gerne im Haus.