Virus statt Wetter
Auch wenn Sie und wir es eigentlich schon nicht mehr hören können, dieses C-Wort, das auf „orona“endet: Die Pandemie aber hat sogar die Kultur des belanglosen Kleingesprächs verändert. War es weiland gute Sitte, sich die allgemeine Wetterlage als unverfänglichen Kommunikations-Brosamen zuzuspielen, sprechen wir heute zwischen Tür und Angel nicht mehr über Azorenhochs oder Atlantiktiefs, sondern über 7-Tage-Inzidenzen und Reproduktionsziffern. Infektionen sind die neue Niederschlagsgattung im Zeitalter der Virologie.
Tatsächlich sind sich Virologie und Meteorologie gar nicht so fremd, denn auch in Bezug auf das Virus sind Wissenschaftler gerade dabei, Vorhersagemodelle zu entwickeln, die künftig so eine Art Covid-19Prognose zulassen. Damit man also am Freitag schon weiß, welche Wirtschaft am Sonntag wahrscheinlich wegen erhöhter Ansteckungsgefahr zuhaben wird.
Freilich ergibt es wenig Sinn, die Virologen für ungemütliches Infektionsgeschehen verantwortlich machen zu wollen. Genauso wenig ist es gut und richtig, die Meteorologen für garstigen Schneeregen oder Glatteis zu verurteilen. Auch wenn Menschen dazu neigen, die Überbringer schlechter Botschaften zu behelligen. Das ist genauso falsch, wie den Paketboten zu beschimpfen, nur weil im Karton schlechte Ware drin ist. Vielmehr muss man sich an die eigene Nase fassen, sofern gerade nicht von einer Maske verhüllt. Denn in den meisten Fällen bekommen wir – vom unschuldigen Wetter bislang noch abgesehen – was wir bestellt haben. (nyf )
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