Die Hauspreise steigen steil weiter
Wegen Corona bleiben die Zinsen niedrig – das treibt die Immobilienbewertungen in die Höhe
BERLIN - Trotz – oder wegen – der Pandemie kaufen die Deutschen weiter Immobilien zu immer höheren Preisen. Im Schnitt stiegen die Preise im Quartal von Juli bis September um 7,8 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in dieser Woche mitteilte. „Damit verteuerten sich Wohnimmobilien trotz der andauernden Corona-Krise sowohl in der Stadt als auch auf dem Land weiterhin deutlich“, stellten die Statistiker fest. Am stärksten stiegen erneut die Preise für Eigentumswohnungen in den Großstädten. Hier lag der Zuwachs im Vergleich zum Vorquartal über zehn Prozent.
Ebenfalls sehr gefragt waren Rückzugsräume außerhalb der Städte: Am zweitstärksten stiegen die Preise in dicht besiedelten Kreisen auf dem Lande. Dort lag der Anstieg bei 9,7 Prozent. Doch Analysten warnen davor, daraus einen Trend zur Flucht von der Stadt aufs Land abzuleiten. „Eine nachhaltige Verlagerung der Nachfrage von der Stadt aufs Land ist bislang ausgeblieben“, stellt das Portal Immobilienscout24.de
nach Auswertung der Suchdaten im Jahresverlauf fest. „Die Nachfrage nach Wohnimmobilien entwickelt sich auf dem Land und in der Stadt parallel.“Das Interesse an Eigentumswohnungen und Häusern zum Kauf im städtischen Umland sei allerdings gestiegen. „Die Speckgürtel gewinnen an Attraktivität.“
Der Grund für den weiteren Anstieg der Immobilienpreise trotz der schrumpfenden Gesamtwirtschaft liegt in den niedrigen Zinsen. Eine Finanzierung lässt sich derzeit schon für ein Prozent Jahreszins erhalten, für kurze Laufzeiten sogar günstiger. Im Jahr 2008 waren es noch über fünf Prozent, in den Neunzigerjahren zum Teil über acht Prozent. Für einen Kredit in Höhe von 500 000 Euro zahlen die Bankkunden daher heute insgesamt nur 50 000 Euro an Zinsen, vor 20 Jahren waren es 360 000 Euro. Die Monatsraten fallen deshalb niedriger aus, weswegen sich Käufer heute mit dem gleichen Einkommen höhere Kredite leisten können. Auch der Anteil des Eigenkapitals sinkt: Die Käufer bringen immer weniger vorhandenes Geld mit und finanzieren höhere Anteile bei der Bank.
Die niedrigen Zentralbankzinsen treiben daher die Immobilienpreise in die Höhe. Die Corona-Situation sorgt insgesamt für steigende Bewertungen von Anlagegütern wie Immobilien oder Aktien. Denn Zentralbanken weltweit wie die Fed in den USA und die EZB in der Eurozone haben eine fortgesetzte Politik billigen Geldes versprochen, um die Märkte zu stützen. In Europa sind niedrige Zinsen besonders wichtig, um hart getroffenen Ländern wie Italien eine reibungslose Staatsfinanzierung zu ermöglichen.
Die Anleger wissen das – und handeln entsprechend. „Vermutlich rechnet nun kein Marktteilnehmer mehr mit einem markant höheren Zinsniveau in den nächsten zehn Jahren oder auch darüber hinaus“, schreiben die Immobilien-Ökonomen Harald Simons und Marco Schmandt vom Forschungshaus Empirica im Herbstgutachten der Immobilienwirtschaft. Aus diesem Grund sei auch in der Corona-Krise kein Bruch im Trend zu höheren Preisen zu bemerken.
Derzeit wirken sogar zwei Impulse auf kaufwillige Verbraucher: Kurzfristig sind die Zinsen so niedrig wie nie zuvor – das reizt zum schnellen Zugreifen. Mittelfristig, wenn eine Anschlussfinanzierung ansteht, ist dann ebenfalls kein Schock in Form allzu hoher Zinsen zu erwarten. Darunter leiden derzeit die Bausparkassen, deren bestes Verkaufsargument bisher die lange Festschreibung stabiler Zinsen waren. Sie bieten daher ebenfalls mehr Sofortfinanzierungen nach Art der Banken an.