Musikschule will auch künftig Digital- und Präsenzunterricht verbinden
Achim Robold ist überzeugt, dass sich neue Formate auch nach Corona bewähren
TROSSINGEN - „Im Bereich Bildung haben wir noch nie soviel über Digitalisierung gesprochen wie jetzt“, sagt Achim Robold, Leiter der Musikschule Trossingen. Diese geht derzeit mir gutem Beispiel voran und testet nicht nur neue Unterrichtsmöglichkeiten, sondern schaut genau, welche davon auch nach der Pandemie bleiben sollen.
Musikschüler unter 18 Jahren sollen künftig dauerhaft und nach Absprache mit ihrem Lehrer bis zu einem Viertel ihres Unterrichts digital nehmen können. Bei den Erwachsenen könnte der digitale Anteil wenn gewünscht sogar 50 Prozent betragen. Dafür wurde die Musikschule inzwischen auch mit besserem Wlan versorgt, damit die Lehrer künftig problemlos zwischen dem realen und dem virtuellen Klassenraum wechseln können. „Wir möchten das Beste aus beiden Welten verbinden“, sagt Robold.
Zwar sind sich alle Lehrer einig, dass gemeinschaftliches Musizieren durch nichts zu ersetzen ist, doch der Fernunterricht bringt auch einige Vorteile mit sich. „Wir haben inzwischen viel mehr Kontakt zu den Eltern“, sagt Ralf Vosseler vom Leitungsteam. „Sie sind jetzt öfter beim Unterricht dabei oder schauen, dass die Hausaufgaben erledigt werden.“
Schlagwerk-Lehrer Jens Willi freut sich auch, mehr Einblick in die heimische Musizierumgebung seiner Schüler zu bekommen. „Oft sitzen und bewegen sie sich ganz anders als in der Musikschule“, stellt er fest. „Das eigene Instrument kennen sie nämlich besser - und fühlen sich damit oft auch wohler.“Ihr
Schlagzeug bringen die Kinder logischerweise nicht mit zum Präsenzunterricht.
Eines der Werkzeuge, das die Musikschule gerade testet, ist die in Lahr speziell für Musikschulen entwickelte App „Erna“, die den digitalen Unterricht vereinfacht und strukturiert sowie unter anderem die Möglichkeit bietet, eine Mediathek anzulegen. Mehrere Lehrer der Trossinger Musikschule sind involviert und liefern dafür Musikstücke.
Dennoch betont German Klaiber vom Lehrerteam, dass die Schüler digital dort abgeholt werden müssen, wo sie stehen. „Wenig Berührungsängste gibt es beispielsweise bei WhatsApp“, schildert er seine Erfahrungen. „Deshalb können mir meine Schüler auch über diese App
Aufnahmen schicken.“
Dass sich die neuen Wege, die die Musikschule inzwischen geht, auch nach der Corona-Pandemie bewähren, daran hat Achim Robold keinen Zweifel. „Wenn es uns gelingt, spannende Lehr- und Lernformate zu etablieren, warum sollte das nicht erhalten bleiben“, meint er. „Unser großes Thema ist ja nicht Digitalisierung, sondern ein anderer Umgang mit Lernenden.“
Abschließend geklärt werden müsse noch die Frage, was die neue digitale Lernbegleitung für die Lehrer bedeutet - denn Job und Privatleben sollen damit nicht vermischt werden. „Wie wir eine durchgängige Bereitschaft der Lehrer, Selbstausbeutung und Nonstop-Präsenz verhindern, das diskutieren wir gerade“, sagt Robold im Hinblick auf die geplante Option, dass für den Unterricht digitale Zeitbausteine zugekauft werden können.