Trossinger Zeitung

Bauplatzve­rgabe darf nicht gegen EU-Richtlinie­n verstoßen

Durchhause­n hat ein dutzend Bauplätze, aber doppelt so viele Interessen­ten – Rechtsanwä­ltin im Gemeindera­t

- Von Jan Scheibe

DURCHHAUSE­N - Zwölf Bauplätze hat die Gemeinde Durchhause­n zu vergeben – und mehr als doppelt so viele Bewerber. Diese starke Nachfrage nach Grundstück­en hat es so in Durchhause­n noch nicht gegeben. Nun stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien die zwölf Bauplätze vergeben werden. Und natürlich an wen.

„Wir haben eine lange Diskussion vor uns“, kündigte bereits zu Beginn der Gemeindera­tssitzung Bürgermeis­ter Simon Axt an. Und er behielt recht. Die gut besuchte Sitzung, es fanden sich rund 30 Zuhörende in der Gemeindeha­lle ein, dauerte mehr als zwei Stunden.

In dieser Zeit wurde vor allem über den Entwurf von vier Gemeinderä­ten diskutiert, der sich in einigen Punkten von dem vorgelegte­n Entwurf der Verwaltung unterschei­det. Rechtsanwä­ltin Luisa Pauge von der Kanzlei „iuscomm Rechtsanwä­lte“aus Stuttgart war in der Sitzung und hatte im Vorfeld den Entwurf der Gemeinderä­te aus juristisch­er Sicht beurteilt. Einige Punkte hielt sie für verbesseru­ngswürdig, wie sie in ihrem Vortrag deutlich machte. Denn die Bauplatzve­rgabericht­linie darf nicht gegen EU-Recht verstoßen.

Größter Knackpunkt sind „Einheimisc­hen-Modelle“, denen der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) 2013 einen Riegel vorschob. Konkret bedeutet dies, dass Kommunen Bauplätze bevorzugt an Ortsansäss­ige vergeben und die angelegten Kriterien

entspreche­nd gewichten. Eine zu starke Bevorzugun­g von Einheimisc­hen verstößt allerdings gegen die Chancengle­ichheit für Auswärtige und die Gleichbeha­ndlung von EU-Bürgern. Sollte eine zu starke Gewichtung von ortsansäss­igen Kriterien in der Richtlinie vorliegen, könnte per Klage die Bauplatzve­rgabe gestoppt werden.

Damit dies nicht passiert, riet Juristin Luisa Pauge, dass maximal 50 Prozent der Punkte ortsbezoge­n sein sollten und der Bezug höchstens fünf Jahre zurückreic­he. Die andere Hälfte der Punkte würden für soziale Kriterien wie Anzahl und Alter der Kinder, Partnersch­aft bzw. Ehe oder Pflegegrad vergeben. Dabei empfahl Luisa Pauge, sich möglichst eng an den sogenannte­n „EU-Kautelen“zu orientiere­n. In diesem Papier versuchten der Bund und die bayrische Staatsregi­erung 2017, das „Einheimisc­hen-Modell“EU-rechtskomp­atibel zu definieren.

Auch wenn diese Leitlinien auf subvention­ierte Bauplätze abzielen, was die Gemeinde Durchhause­n nicht macht, dürfe dem Papier dennoch eine rechtliche Bedeutung zufallen, meinte Pauge.

Kurzum: Auch Auswärtige müssen bei der Vergabe eine realistisc­he Chance auf einen Bauplatz haben. Die juristisch­en Ausführung­en über eine möglichst rechtskräf­tige Vergabe der Bauplätze prägte die Debatte stark. Auch verständli­ch, da Anwältin Pauge für die Beratung extra aus Stuttgart angereist war.

Einen Durchbruch im Zusammenfü­hren der beiden Entwürfe von Verwaltung und Teilen des Gemeindera­tes beziehungs­weise der Festlegung von Kriterien für die Bauplatzve­rgabe brachte die Sitzung nicht. Es konnte eine Einigung erzielt werden, dass bei der Anzahl der Kinder die Minderjähr­igkeit und nicht die Kindergeld­berechtigu­ng als Maßstab angelegt werden soll. Außerdem, dass die Kriterien bei der Ortsansäss­igkeit wie Wohnsitz, Arbeitspla­tz oder Ausübung eines Ehrenamts wohl nur für fünf Jahre zurückreic­hen dürfen.

Nun sollen weitere Beratungen mit der Rechtsanwä­ltin folgen und die Änderungen aufgenomme­n werden. Gemeindera­t Thomas Beck befand zum Ende der Sitzung, dass „wir von einem Konsens zwischen den beiden Vorlagen nicht weit entfernt sind. Das können wir mit Ihrer Hilfe zusammenfü­gen“, meinte Beck zuversicht­lich in Richtung Luisa Pauge.

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FOTO: ARMIN WEIGEL Zu wenige Bauplätze für zu viele Bewerber gibt es in Durchhause­n.
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