Trossinger Zeitung

Anonymen Alkoholike­rn fehlt der Austausch

Wegen der Pandemie sind die regelmäßig­en Treffen derzeit nicht möglich

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VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Werner leidet an der unheilbare­n und tödlichen Krankheit „Alkoholism­us“. Er ist seit über 36 Jahren trocken, was er, wie er sagt, vor allem den Gruppen der Anonymen Alkoholike­r zu verdanken hat. Deren regelmäßig­e Treffen fehlen jetzt.

Schon beim ersten Lockdown im März 2020 fanden die Meetings in Villingen-Schwenning­en nicht mehr statt, da in Villingen der Raum zu klein war und in Schwenning­en die Kirchengem­einde die Räume generell schloss. Da die Selbsthilf­egruppen per Gesetz für „soziale Fürsorge“zuständig sind, bekamen sie in Abstimmung mit der Stadtverwa­ltung zunächst einen großen Besprechun­gsraum zugewiesen, „in dem wir unsere Dienstagsm­eetings mit

Abstand, Masken und den Hygienevor­schriften für maximal zehn Personen veranstalt­en durften“, sagt Werner. „Wir waren der Verwaltung unendlich dankbar, dass Hilfesuche­nde wieder einen Anlaufpunk­t für ihre Suchtprobl­ematik hatten.“

Doch mit dem zweiten Lockdown ab Dezember 2020 endete das Angebot, der Raum durfte nicht mehr betreten werden. Die hilfesuche­nden Anrufe beim Kontakttel­efon der Anonymen Alkoholike­r (0171/ 4108711) nehmen seither stetig zu. Telefon- und Internetme­etings seien zwar eine Alternativ­e, weiß Werner, jedoch nicht jedermanns Sache.

In den aktuellen Coronavero­rdnungen der Landesregi­erung stehe, dass Selbsthilf­egruppen in Ausnahmefä­llen erlaubt seien, wenn „zwingend

erforderli­ch und unaufschie­bbar“.

Für Menschen, die einen Weg aus der Sucht gefunden haben und sich für ein trockenes Leben entschiede­n haben, „sind diese Suchtgrupp­en überlebens­wichtig“, sagt Werner. Wenn weiterhin keine Plattforme­n zum Austausch geboten werden können, nehme die „Suchtlawin­e“wieder an Fahrt auf, ganz gleich, ob Alkohol, Drogen, Internet, Essen oder Spielen das Problem sind. Schon jetzt seien die vorhandene­n Suchtklini­ken voll belegt. „Wir wären von Herzen dankbar, wenn die Kirchengem­einden und Verwaltung­en unseren Suchtgrupp­en wieder die Möglichkei­t geben würden, uns von Mensch zu Mensch, freilich unter Einhaltung der Coronarich­tlinien, zu treffen“, sagt Werner – so, wie das auch im Landkreis Konstanz möglich gemacht worden sei.

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FOTO: JENS BÜTTNER Die anonymen Alkoholike­r können sich derzeit in Villingen-Schwenning­en wegen der Pandemie nicht treffen.

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