Neue Projekte gegen die Pandemie
Virtuelle Scheckübergabe – „Helfen bringt Freude“finanziert Schutzkleidung
RAVENSBURG - Mit 1,1 Millionen Euro, dem Erlös der Spendenaktion „Helfen bringt Freude“, unterstützen die Leser der „Schwäbischen Zeitung“95 Projekte auf vier Kontinenten in 35 Ländern. Bei der Übergabe der Spendensumme wurde abermals deutlich, dass die Hilfe gerade in Zeiten der Pandemie wichtiger wird. Zwei Beispiele: „Wir brauchen dringend Geld für weitere Desinfektionsmittel und neue Schutzkleidung“, sagte der stellvertretende Gouverneur der nordirakischen Provinz Dohuk, Ismail Ahmed. Und Professor Jan Ilhan Kizilhan, der sowohl an der Dualen Hochschule VillingenSchwenningen wie auch an der Universität Dohuk lehrt, wies auf die stark steigenden Suizidzahlen in den Flüchtlingscamps hin: „Hier ist dringend professionelle Hilfe nötig!“
Mit den Spendengeldern wird Geflüchteten nach ihrer Flucht geholfen oder die Mittel werden dafür eingesetzt, dass sich Menschen erst gar nicht auf die Flucht begeben müssen. Gemeinsam mit dem Caritasverband Rottenburg-Stuttgart hatte das Medienhaus in Ravensburg in der Weihnachtszeit zur Spende aufgerufen. In der Weihnachtsaktion gingen genau 953 833,89 Euro ein, im Sommer 2020 hatten die Leserinnen und Leser bereits 141 612,51 Euro für Not leidende Menschen im Irak gespendet. Die Hälfte der Spendensumme geht an zwei Flüchtlingscamps im Nordirak.
Die andere Hälfte geht an 70 Flüchtlingsprojekte in aller Welt sowie an 24 Caritas-Projekte und -Initiativen im Verbreitungsgebiet der „Schwäbischen Zeitung“. Sie werden mit jeweils 4900 Euro unterstützt.
Videokonferenz statt feierlicher Scheckübergabe vor Ort: Corona-bedingt treffen sich an diesem Donnerstag im virtuellen Zoom-Raum 20 Gesprächspartner, um mehr über die Projekte und die Verwendung der Mittel zu erfahren. Zu Beginn lobt Bischof Gebhard Fürst die bestehende Kooperation mit der „Schwäbischen Zeitung“: „Das Rekordergebnis der gemeinsamen Weihnachtsaktion unseres Diözesancaritasverbands mit der ,Schwäbischen Zeitung’ freut mich sehr und mein großer Dank gilt den Leserinnen und Lesern, die diesen Erfolg mit ihrer Spendenbereitschaft erst ermöglicht haben. Ihre Hilfsbereitschaft befähigt Projektpartner an vielen Orten dazu, die Not geflüchteter Menschen zu lindern und ihnen neue Perspektiven zu schaffen.“
Mit geflüchteten Menschen – vor allem Jesiden, die die Terrormiliz „Islamischer Staat“vertrieben hat – hat Ismail Ahmed jeden Tag zu tun. In der Provinzregierung von Dohuk ist er für humanitäre Fragen zuständig: „Wir haben neben wirtschaftlichen Problemen durch den Verfall der Ölpreise und politischen Unsicherheiten mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu kämpfen.“Von der Spendensumme sind 475 000 Euro für bessere Lebensbedingungen in den beiden Camps Mam Rashan und Sheikhan vorgesehen: „Wir brauchen aber auch dringend Desinfektionsmittel und Schutzkleidung“, benennt Ahmed sein Anliegen.
Auf ein weiteres Problem macht Professor Jan Ilhan Kizilhan aufmerksam: „Derzeit stellt sich die Problematik rasant ansteigender Suizidzahlen in den Camps sehr deutlich. Im vergangenen Jahr wurden zwischen 220 und 250 Suizide unter den etwa 400 000 Bewohnern der Camps gezählt.“Demnach ergebe sich eine Selbstmordrate, die acht- bis zehnmal so hoch liege wie der statistische Durchschnitt der arabischen Staaten. Die Gründe: „Mangelnde Perspektiven, Gewalterfahrungen, die Erlebnisse nach dem Genozid und die Zwangsverheiratung junger Frauen.“Kizilhans Plan, Psychotherapeuten für eine 24-StundenHotline zu gewinnen, an die sich verzweifelte Menschen telefonisch über ihr Handy wenden können, stößt bei Bischof Fürst auf offene Ohren: „Wenn auch nur ein Leben gerettet wird, dann hat sich die Einrichtung dieser Hotline gelohnt!“
Nicht nur aus dem Irak kommen während dieser Konferenz Beiträge. Aus Brasilien hat sich das Ehepaar Kirst zugeschaltet, das autistische
Kinder betreut. In Tansania hat die Vinzentiner-Schwester Kaja Peric eigens die Zoom-Bedienung gelernt, um über die Ausbildung junger Frauen zu berichten. Das Ehepaar Zwosta kann derzeit nicht in den Slums der philippinischen Hauptstadt arbeiten, wohl aber über die Herausforderungen sprechen. Aus Deutschland ist Thomas Shairzid von der CaritasFlüchtlingshilfe Essen dabei, im Südwesten haben sich die Caritas-Mitarbeiter Michael Buck, Sonja Hörnlen, Manuela Mayer und Susanne Irion im Zoom-Raum eingefunden. Denn die unterstützten lokalen Caritas-Initiativen im Raum Oberschwaben, Ulm, Alb und Aalen tragen dazu bei, dass sich Menschen in ihrer neuen Heimat einfinden und ein selbstständiges Leben aufbauen können.
„Helfen bringt Freude“hat seit der ersten Aktion im Jahr 2013 Spenden in Höhe von fast 3,7 Millionen Euro verbucht. Diese Erfolgsgeschichte will Hendrik Groth, Chefredakteur der „Schwäbischen Zeitung“, fortschreiben. Die Spendenaktion werde in diesem Jahr wiederholt: „Und wir bitten unsere Leser, ihre in CoronaZeiten bewiesene Solidarität fortzusetzen!“
Eine Bildergalerie mit Eindrücken aus 20 weiteren Projekten und einem Fernsehbeitrag gibt es unter www.schwaebische.de/weihnachtsspendenaktion zu sehen.