Kontakt fehlt – ob zu Kunden oder Kollegen
Zwischen Zwangsschließung und Homeoffice: Ausbildung findet in Corona-Zeiten unter erschwerten Bedingungen statt
VS-SCHWENNINGEN (sbo) - Der Einzelhandel ist geschlossen, Unternehmen sollen ihre Mitarbeiter ins Homeoffice schicken. Keine leichte Ausbildungssituation, weiß man bei der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg. Wie gehen Schwenninger Ausbildungsbetriebe damit um?
Die Türen der Schwenninger Filiale des Modehauses Zinser sind geschlossen. Seit Beginn des zweiten Lockdowns ist die Kundenfrequenz bei null, der Verkauf vor Ort steht still. Nicht gerade die idealen Bedingungen, um vor Ort Einzelhandelskaufleute auszubilden. Das weiß auch Geschäftsführer Thomas Caster. „Der Kundenkontakt“, der im Tagesgeschäft des Modehauses sehr wichtig sei und nicht nur einen großen Teil der Arbeit ausmache, sondern eben auch im Zuge der Ausbildung stark trainiert werde, „fehlt natürlich momentan vollkommen“. Trotzdem, ist Caster überzeugt, geht Ausbildung auch während der Zwangsschließung – nur unterscheidet sich der Alltag der drei Auszubildenden
der Schwenninger Zinser-Filiale derzeit eben etwas von jenem im Normalbetrieb. Natürlich sei „nicht immer was zu tun“, die zusätzliche Zeit habe man aber in den vergangenen Wochen genutzt, um intensive Schulungen beispielsweise im Bereich der Warenkunde durchzuführen. Darüber hinaus, berichtet Caster, konnten die Auszubildenden bei Umbauarbeiten mitanpacken sowie im Bereich Online-Handel hinter die Kulissen schauen und „viel dazulernen“. Dazu habe man beispielsweise in Zusammenarbeit mit anderen Standorten des Modehauses Zinser Online-Schulungen organisiert. Casters Urteil: „Das hat sehr gut funktioniert.“
Das Modehaus Zinser ist derweil bei Weitem nicht der einzige Ausbildungsbetrieb, der infolge einer Schließung aufgrund der CoronaPandemie kreativ werden müsste, wie Miriam Kammerer, Referentin für berufliche Bildung bei der Industrieund Handelskammer (IHK) Schwarzwald-Baar-Heuberg, berichtet. „In allen Betrieben, die von Corona betroffen sind – zum Beispiel durch Schließungen –, beeinflusst das natürlich auch die Ausbildung.“Teils kämen Auszubildende in die geschlossenen Betriebe, um „Trockenübungen“zu machen. Da würden beispielsweise Verkaufsgespräche simuliert, die momentan wegen der Schließung nicht stattfinden können, die aber im Zuge der Ausbildung trainiert werden müssen. „Teilweise werden Ausbildungsinhalte auch zeitlich verschoben“, erklärt Kammerer. Dinge, die unter den aktuellen Bedingungen nicht vermittelt werden können, werden dann nach hinten gestellt, andere Inhalte werden vorgezogen. Alles in allem habe sich die Ausbildung in CoronaZeiten – analog zu fast allen Lebensbereichen – verändert, bilanziert Kammerer. „Aber sie findet trotzdem statt.“Zwar könne nicht alles so ablaufen wie vor der Pandemie geplant, „wir sehen aber nicht, dass Ausbildungen verlängert werden“. Der Großteil der aktuellen Auszubildenden werde wohl planmäßig abschließen – auch, weil die Prüfungen, die von der IHK Schwarzwald-BaarHeuberg abgenommen werden, trotz Corona stattfinden können.
Neben Ausbildungsbetrieben wie dem Modehaus Zinser, bei denen die Ausbildung aufgrund der coronabedingten Zwangsschließung nicht wie gewohnt abläuft, schafft die Pandemie auch bei Industriebetrieben, in denen die Arbeit zwar nicht unter Normal- aber doch immerhin unter Corona-Bedingungen weiterlaufen kann, neue Herausforderungen. Neben den geltenden Hygiene- und Abstandsregeln am Arbeitsplatz spielen hier laut Kammerer vor allem Homeoffice-Regelungen der Ausbilungsbetriebe eine Rolle. Denn: „Corona
ist die Ausnahmesituation, in der Homeoffice für Auszubildende erst zum Thema geworden ist. Normalerweise ist das nämlich nicht vorgesehen.“
Wegen Corona und den Bemühungen der Betriebe, die persönlichen Kontakte zwischen Mitarbeitern und mit ihnen auch die Ansteckungsgefahr zu minimieren, kam die Frage nach der Möglichkeit, Auszubildende ins Homeoffice zu schicken, aber immer wieder auf, berichtet Kammerer. Gerade zu Beginn der Pandemie seien bei der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg viele Anrufe mit Fragen zu diesem Thema eingegangen. Vor allem eines wollten viele Ausbildungsbetriebe wissen: Dürfen Auszubildende überhaupt ins Homeoffice? Die Antwort: Ja, sie dürfen – empfohlen wird es vonseiten der IHK aber nicht. Wie viele Betriebe im Bereich der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg von der Möglichkeit, ihre Auszubildenden von zu Hause aus arbeiten zu lassen, Gebrauch machen, kann Kammerer nicht genau sagen. Konkrete Zahlen gebe es nicht.