Das Modell Tübingen: Der Landkreis will vorbereitet sein
Sollte das Land beschließen, dass durch negative Tests Öffnungen möglich sind, soll eine Testinfrastruktur stehen
TUTTLINGEN - Der Blick geht gen Stuttgart: Bis zum Wochenende wird die Landesregierung entscheiden, wie sie die Beschlüsse aus dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten in einer Corona-Verordnung umsetzt. Hoffnung auf Erleichterungen für den Landkreis Tuttlingen hat Landrat Stefan Bär, solange die Inzidenz konstant über 100 liegt, kaum. Er möchte lieber dafür sorgen, dass die Region von Lockerungen profitieren kann, sobald diese möglich sind.
„Am 18. April sollten wir vorbereitet sein“, sagt Bär im Gespräch mit unserer Zeitung. Solange gelten die Einschränkungen, die in Berlin nun festgelegt worden sind. In Kreisen, die wie Tuttlingen an sieben Tagen mehr als 100 Infektionen mit dem Coronavirus je 100 000 Einwohner hatten, wird zusätzlich die Notbremse gezogen. Museen, Galerien, Kosmetikstudios und Sportanlagen sind wieder geschlossen. Private Treffen sind – mit Ausnahme der Oster-Feiertage – nur einem Haushalt mit einer weiteren Person gestattet und im Einzelhandel darf bestellte Ware abgeholt, aber nicht mehr mit Termin eingekauft werden.
Vor allem die Regelungen für den Einzelhandel empfindet Bär als „enttäuschend“. Bereits zuvor hatte er sich für eine Fortsetzung des Einkaufens auf Termin (Click and Meet) ausgesprochen. Eine Rückkehr könnte schneller möglich sein, wenn man den Inzidenzwert nicht nach Kreisen, sondern landesweit zum Maßstab nimmt. Aktuell liegt BadenWürttemberg mit 103 knapp über der Marke. Für Bär macht eine landesweite Regelung auch aus anderen Gründen Sinn. „Wir haben einige Kreise über der 100er-Inzidenz. Wenn jeder seine eigenen Regeln macht, dann wird das schnell verwirrend“, meint Bär, der weitere Verschärfungen der Notbremse zunächst nicht in Betracht zieht. Ausgangsbeschränkungen seien ein großer Eingriff in die Grundrechte. „Das sollte nicht jeder Kreis selbst machen“, spricht er sich für eine Regelung von oben aus. Dies sei für das Verständnis bei den Bürgern besser.
Ungeachtet der aktuellen Beschränkungen lenkt Bär den Blick auf die Zukunft. Ab dem 18. April werden Lockerungen, wenn die Inzidenz an fünf Tagen in Folge unter 100 liegt, möglich, glaubt er. Deshalb hat er sich am Dienstag mit Vertretern der Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie von den großen Handelsund Gewerbevereinen im Kreis getroffen. Es folgt in dieser Woche eine weitere Besprechung mit den Bürgermeistern
der Kommunen im Kreis. Bär will eine Teststrategie aufbauen, die es ermöglicht, spätestens ab Mitte April dem Vorbild der Stadt Tübingen zu folgen. Dort können die Bürger wieder einkaufen, zu kulturellen Veranstaltungen oder in Restaurants, wenn sie nach einem negativen Coronatest einen Tagespass erhalten haben.
Zwar ist Bär dagegen, dass man neben der Universitätsstadt weitere Modellregionen zulässt. „Aber jedes Modellprojekt hat einen Anfang und ein Ende. Und dann muss sich das Land überlegen, ob das Tübinger Modell vertretbar ist und in der Fläche ausgerollt werden kann“, erklärt Bär. Eine entsprechende Testinfrastruktur müsse dann im Landkreis bereit stehen, um ebenfalls Öffnungen in Kultur, Gastronomie und Handel zu ermöglichen.
Für Bär sind aber noch Fragen durch das Land zu klären. Gelten die Tagespässe auf jeden Fall 24 Stunden lang? Dann müsste man die Infrastruktur in den Gemeinden nur jeden Tag bereithalten, könnte aber weiter abends testen lassen. Sollte der Tagespass nur für den jeweiligen Tag gelten, müsste man Tests morgens anbieten. Gilt der Tagespass nur für die jeweilige Stadt oder gleich den ganzen Kreis? „In Tübingen gilt der Tagespass nach dem negativen Test für Tübingen. Aber warum soll er nicht auch für Rottenburg gelten?“, fragt er exemplarisch.
Aktuell gebe es im Landkreis kein Problem, die vom Land in Aussicht gestellten Tests für die Bürger zu nutzen. „Ich kenne keine Klagen aus den Gemeinden, dass die Kits ausgehen.“Sollte man die Teststrategie aber ausbauen, dann müsse man mehr Tests zur Verfügung haben. Zunächst gelte aber: „Abwarten, was kommt.“Für die Zukunft soll der Kreis aber gerüstet sein.