Machtkampf spitzt sich zu
Duell Laschet gegen Söder stürzt Union in Krise
BERLIN - „Die Lage“, sagt Armin Laschet, „ist dramatisch.“Und obwohl das ziemlich genau auf die Situation von CDU und CSU zutrifft, ist diese natürlich nicht gemeint in Laschets Rede im Düsseldorfer Landtag. Es geht vielmehr um die Corona-Zustände in Nordrhein-Westfalen. Am Pult steht nicht der CDU-Chef und Kanzlerkandidat Laschet, sondern der Ministerpräsident. Doch dass diverse Fernsehsender über diese „Unterrichtung durch die Landesregierung“live berichten, liegt dann eben doch an der aktuellen Dramatik in der Union.
Laschet ist wie immer nicht viel anzumerken, vor Beginn des Plenums winkt er freundlich Richtung Tribüne und plaudert mit seinem FDP-Vizeministerpräsidenten Joachim Stamp. In seiner Rede erinnert er an seinen Vorschlag eines Brücken-Lockdowns, preist den Impffortschritt und die Testerfolge in seinem Bundesland. Ein paar kleine Spitzen Richtung Bayern – und damit Richtung CSU-Kontrahent Markus Söder – schießt er allerdings ab, rein coronabezogen natürlich. Wobei sein Eintreten für eine gemeinsame Impfstoffbeschaffung in Sachen Sputnik V schon nach Kanzlersound klingt: „Deutschland als Ganzes“müsse hier agieren, sagt Laschet, es gehe nicht um einen „Wettbewerb der Bundesländer“und schon gar nicht um die „schnelle Schlagzeile“.
Womit man wieder mitten im Königsdrama von CDU und CSU wäre. Allerdings haben beide Seiten nach dem sehr schlagzeilenträchtigen Duell in der Fraktion offenbar eine Schlagzeilenpause vereinbart. In der
Union ist eine Art Stille nach dem Sturm eingetreten. Sondiert, diskutiert und telefoniert wird trotzdem, nur eben abseits der breiten Öffentlichkeit. Aber vielleicht ist vielen der Schreck in die Glieder gefahren nach der Sitzung der Abgeordneten. Denn während offiziell die Lesart von der „offenen Aussprache“, dem „guten Meinungsbild“und dem „wichtigen Moment“verbreitet wurde, wählten einige Beteiligte drastischere Worte. Der frühere CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer beispielsweise sprach von einer „offenen Feldschlacht“und einer „Arena“, in die man die beiden Parteichefs als „zwei Gladiatoren hineinführt und dann Blut fließen lässt“. Der Chef der Nachwuchsorganisation JU, Tilman Kuban, wiederum nannte den Begriff „Selbstzerfleischung“.
Derweil wagte sich Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff ein deutliches Stück Richtung Söder hervor. Im „Spiegel“forderte er eine Entscheidung auf Grundlage der Popularitätswerte – was angesichts der besseren Zahlen des CSUManns eine klare Aussage ist. „Es hilft nichts, wenn jemand nach allgemeiner Überzeugung absolut kanzlerfähig ist, aber dieses Amt nicht erreicht, weil die Wählerinnen und Wähler ihn nicht lassen“, so Haseloff, der im Juni Landtagswahlen bestehen muss. Haseloff ist Teil der CDUFührungsgremien, die sich am Montag noch klar hinter ihren Vorsitzenden Laschet gestellt hatten.
Welche Entscheidung in der KFrage wie und wann gefällt werden soll, war am Donnerstagabend weiter unklar. Bis zum Wochenende, das hatten Laschet und Söder selbst so angekündigt, soll ein Ergebnis her.