Brasilianische Mutante erreicht Mallorca
Ansteckungsherd soll eine Sportveranstaltung auf der Insel gewesen sein
MADRID/PALMA - Auch Mallorca ist nicht vor der gefürchteten brasilianischen Virusvariante P.1 sicher. Die Gesundheitsbehörden der Urlaubsinsel bestätigten nun, dass erstmals ein Infektionsfall mit dieser Mutation identifiziert wurde. Ob es sich bei dem Betroffenen um einen Touristen oder einen Einheimischen handelt, wurde nicht mitgeteilt. Auf der Mittelmeerinsel war Mitte März der Tourismus unter großen Sicherheitsvorkehrungen wieder angelaufen. Seitdem sind mehr als 100 000 ausländische Feriengäste auf dem Flughafen gezählt worden – darunter viele Deutsche.
Die Virusmutante P.1 war Anfang des Jahres erstmals in Brasilien aufgetaucht. Sie weist nach ersten Studien möglicherweise eine höhere Resistenz gegen Impfstoffe auf, könnte ansteckender als andere Varianten sein und auch Menschen infizieren, die schon einmal an Covid-19 erkrankt waren. Bereits seit einigen Wochen weiß man, dass dieser Virustyp in fast allen europäischen Ländern angekommen ist. In ganz Spanien wurden mittlerweile 35 Fälle bekannt. In Deutschland macht P.1 laut Robert-Koch-Institut (RKI) bislang schätzungsweise 0,1 Prozent aller Infektionen aus. Bei den Stichproben, die bei positiven PCR-Tests gemacht werden, sind laut dem jüngsten RKI-Bericht über Virusvarianten bisher annähernd 200 P.1-Infektionen oder Verdachtsfälle in Deutschland identifiziert worden.
Das RKI warnt, dass die bisherigen Daten „auch für diese Variante auf eine reduzierte Wirksamkeit neutralisierender Antikörper bei Genesenen beziehungsweise Geimpften hinweisen“. Zudem ist laut RKI „eine erhöhte Übertragbarkeit“von Corona durch P.1 „denkbar“.
Nun hat es also Mallorca erwischt, wo die Gesundheitsbehörden keinen Hehl daraus machen, dass ihnen diese Nachricht Sorgen macht. Wenn sich aggressive Virusvarianten wie P.1 unkontrolliert ausbreiten, könnten sie zum Infektionstreiber werden.
Es gilt bereits als wahrscheinlich, dass es sich bei der P.1-Infektion auf Mallorca nicht um einen Einzelfall handelt. Im Umfeld der von P.1 betroffenen Person seien bisher acht weitere Menschen positiv getestet worden. Deren PCR-Proben werden derzeit hinsichtlich des Virustyps untersucht. Der Sprecher des epidemiologischen Dienstes auf der Insel, Antonio Oliver, geht jedoch davon aus, dass es sich auch in diesen acht Fällen wohl um P.1 handelt.
Ansteckungsherd sei eine Sportveranstaltung Ende März auf der Insel gewesen, heißt es. In welchem Inselort dieser Virusausbruch registriert wurde, teilten die Behörden aber nicht mit. 40 weitere Personen, die mit den Infizierten dieses Ausbruchs Kontakt hatten, seien negativ getestet worden.
Die Nachricht über die Ankunft von P.1 im Ferienparadies signalisiert, dass sich auch auf der Baleareninsel, die seit März sehr niedrige Infektionszahlen verzeichnet, die Lage sehr schnell wieder ändern kann. Zuletzt meldete das regionale Gesundheitsministerium in Palma eine 7-Tage-Inzidenz von 28,8 Fällen pro 100 000 Einwohner auf der Balearen-Hauptinsel Mallorca. Balearenweit betrug dieser Wert 30,5.
In dieser statistischen Fallzahl sind ebenfalls Infektionen von Touristen enthalten. Mindestens 30 Urlauber, darunter wenigstens 27 Deutsche, befinden sich wegen einer Ansteckung oder Infektionsverdachts in einem Quarantänehotel in der Inselhauptstadt Palma. Etliche von ihnen wurden bei jenen Tests identifiziert, die seit Ende März alle Fluggäste vor ihrer Rückkehr in die Heimat machen müssen.
Vor Ostern hatte der deutsche SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach den Verdacht geäußert, dass auf Mallorca die P.1-Variante aufgetaucht sei. Seine Unterstellung, dass die örtlichen Gesundheitsbehörden diesen Befund verheimlichen und die offiziellen Infektionszahlen beschönigen würden, hatte für Empörung auf der Insel gesorgt. Die Behörden dementierten damals. Jetzt verweisen sie erneut darauf, dass Mitte März auf Mallorca nur die brasilianische Variante B.1.1.28 registriert worden sei. Diese sei ein weniger gefährlicher Vorläufer der P.1Mutante, die wegen ihrer Abstammung von den Wissenschaftlern nun auch als B.1.1.28.1 bezeichnet wird.