Weltweite Rüstungsausgaben steigen auf Höchststand
Deutschland steckt rund 52,8 Milliarden Dollar ins Militär und investiert mehr Geld als Frankreich
STOCKHOLM (dpa) - Trotz globaler Corona-Krise und dem damit verbundenen Wirtschaftseinbruch haben die Länder der Erde im abgelaufenen Jahr erneut mehr Geld in ihre Militärapparate gesteckt. Wie das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri am Montag mitteilte, stiegen die weltweiten Militärausgaben im Jahr 2020 inflationsbereinigt um 2,6 Prozent auf schätzungsweise 1,981 Billionen Dollar (rund 1,65 Billionen Euro). Das sei ein Höchststand seit Beginn vergleichbarer Schätzungen im Jahr 1988.
Im Vorjahr hatten die Friedensforscher wegen der Corona-Krise damit gerechnet, dass 2019 vorerst ein Höchststand erreicht worden sei. Nun hieß es, tatsächlich hätten einige Länder wie Chile und Südkorea ihre für die Verteidigung vorgesehenen Mittel 2020 teilweise für die Reaktion auf die Pandemie verwendet, andere wie Brasilien und Russland hätten erheblich weniger als ursprünglich geplant ins Militär gesteckt. An einem weiteren globalen Ausgabenanstieg änderte all das jedoch nichts – und auch nicht am unangefochtenen Spitzenreiter, den USA. Die Vereinigten Staaten erhöhten ihre Militärausgaben um 4,4 Prozent auf schätzungsweise 778 Milliarden Dollar. Damit waren die USA für 39 Prozent aller Militärausgaben weltweit verantwortlich. Zum Vergleich: Die US-Ausgaben entsprachen denen der zwölf darauffolgenden Staaten zusammen. Auf die USA folgen die beiden bevölkerungsreichsten Länder der Erde: Chinas
Ausgaben wurden von Sipri nach dem 26. Jahresanstieg in Serie auf 252 Milliarden, die von Indien auf 72,9 Milliarden Dollar geschätzt. Dahinter landen Russland (61,7 Mrd. Dollar), Großbritannien (59,2 Mrd.) und Saudi-Arabien (57,5 Mrd.) – und dann kommt auch schon Deutschland, das knapp vor Frankreich auf Rang sieben liegt.
Angesichts von Nato- und US-Forderungen nach gesteigerten Verteidigungsausgaben legte die Bundesrepublik um 5,2 Prozent auf geschätzte 52,8 Milliarden Dollar zu – dem höchsten Niveau seit 1993. Damit sind diese Ausgaben seit 2011 um 28 Prozent gestiegen, im weltweiten Durchschnitt waren es 9,3 Prozent.
Friedensorganisationen halten die gestiegenen deutschen Militärausgaben für einen politischen, sozialen, ökologischen, ökonomischen und ethischen Skandal. Sie plädieren für einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik. Und auch Heike Hänsel, stellvertetende Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, kritisierte: „Wir brauchen eine Ausgabenoffensive bei Gesundheit und Bildung, und nicht beim Militär.“SPD-Chef Norbert Walter-Borjans räumte ein: „Die Ausgaben und vor allem die Exporte von Rüstungsgütern machen uns Sorgen.“Man könne die Rüstungsausgaben aber nicht an das Wirtschaftswachstum koppeln.
Das Nato-Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das Militär aufzuwenden, verpasst Deutschland aber dennoch weiterhin klar.