Der „Bulle“, der für die Finals gemacht war
Franz Roth, einst im Mittelfeld des FC Bayern München ob seiner Schussgewalt gefürchtet, feiert 75. Geburtstag
MÜNCHEN (SID) - Franz „Bulle“Roth huscht ein verschmitztes Lausbubenlächeln übers Gesicht, als er über sein ganz persönliches Alleinstellungsmerkmal spricht. „In vier Endspielen dreimal das 1:0 geschossen, das gibt’s nicht“, sagt er, „Ronaldo nicht, Messi nicht“– das ist im Europacup „keinem gelungen“, auch nicht Gerd Müller. Nur ihm, dem ewigen „Bullen“von Bayern München.
1965 kickte Roth noch in der CKlasse beim TSV Bertoldshofen, zwei Jahre später schoss er die Bayern in Nürnberg gegen die Glasgow Rangers (1:0 n. V.) im Pokal der Pokalsieger zum ersten internationalen Titel. „Nicht mit Kraft, sondern mit viel Gefühl“, wie er sich vor seinem 75. Geburtstag an diesem Dienstag erinnert, also ganz „untypisch“für ihn.
Denn eigentlich war der Bauernsohn aus Memmingen, der vor jedem Spiel zwei Stück Kuchen aß, für seine Urgewalt bekannt. Sein Führungstreffer im Landesmeister-Finale 1975 gegen Leeds United (2:0) war „ein Kraftakt“, wie Roth sagt. 1976 hämmerte der „Bulle“gegen St. Etienne einen Freistoß zum goldenen 1:0 ins
Tor. Bei Rapid Wien zerschoss er sogar mal das Tornetz.
Sprintstark, schussgewaltig – das war der Fußballer Franz Roth. Wobei: „Franz“, erzählt er, nennt ihn längst niemand mehr. Als er 1966 zu den Bayern kam, sagte Coach Tschik Cajkovski über den Neuen aus dem Allgäu, dieser habe „Kraft wie Muh“. Torwart Sepp Maier korrigierte: „Aber Trainer, das heißt bei uns Bulle!“Roth hatte seinen Spitznamen weg. „Ich bin der Bulle“, sagt er noch heute, wenn er sich jemandem vorstellt. Dann plaudert Roth los, stets charmant und farbenfroh. Zum Beispiel über das Trainingslager 1968, als er sich mit Sepp Maier zum Baden in der Isar davonschlich. Roth zog sich dabei eine tiefe Schnittwunde am Fuß zu („die Isar wurde rot“), simulierte bei der Rückkehr aber erfolgreich einen Unfall mit einer imaginären Glasscherbe. Trainer Branko Zebec kaufte ihm die Komödie ab, „das“, sagt Roth, „war einmalig“.
Als ihn 1966 der legendäre Bayern-Manager Robert Schwan anrief, hielt er dessen Interesse für einen Scherz („Wollen Sie mich verarschen?!“). Sogar seine Mitspieler unkten: „Was will der beim FC Bayern? Der ist in einem Jahr zurück!“Doch Roth blieb zwölf Jahre und gewann als unumstrittener „Sechser“alles, was man gewinnen kann. Immer „hart, aber fair“, ob gegen Pelé, Cruyff oder Eusebio.
Nach der Karriere widmete er sich mit derselben Leidenschaft seinen beiden Sportgeschäften. Das in Markt Oberdorf führt sein Sohn Claus fort, das andere in Bad Wörishofen gab Roth vor drei Jahren auf. „Das war die richtige Entscheidung“, sagt er. Überhaupt würde er „alles wieder so machen, ich bin sehr glücklich und sehr zufrieden“. Nur eine Sache bedrückt ihn bis heute: der Tod seiner Frau Inka, die 2007 an Krebs verstarb. „Der Schmerz ist immer da“, sagt er, auch wenn Franz Roth „dankbar“ist, dass er „im hohen Alter“eine neue Partnerin kennenlernen durfte. Seinen Geburtstag feiert der „Bulle“mit der Familie um die Enkel Rufus und Fina. „Das“, sagt er und lächelt, „ist mein Leben.“