Kratzer allerorten
Tatort Münster: Rhythm and Love (ARD, So., 20.15 Uhr) –
Regelmäßig punktet Jan Josef Liefers als Gerichtsmediziner Karl-Friedrich Boerne bei den Tatort-Fans. Mit seinem En- gagement bei der fragwürdigen #allesdichtmachen-Aktion gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung erwiesen er und weitere Stars der zweifellos notleidenden Kulturszene jedoch einen Bärendienst. Mit etwas mehr Grips hätte sich Liefers diesen unschönen Kratzer in seinem Portfolio ersparen können.
Angekratzt ist auch Boernes professorales Alter Ego in diesem neuen Kriminalfall, weil ihm, dem sonst so selbstsicheren Überflieger, ein Plagiatsvorwurf droht. Dann verschlampert Alberich (Christine Urspruch) auch noch ein haariges Beweismittel und weiht den Chef nicht ein … Bei Thiels Assistenten Mirko (Björn Meyer) stößt sie auf Verständnis, und damit bietet Regisseurin Brigitte Maria Bertele den Nebendarstellern erfreulicherweise eine etwas größere Bühne. Apropos Nebendarsteller: Nikolai Kinski, der Sohn von Klaus Kinski, spielt den so smarten wie undurchsichtigen Priester Tobias Flügge mit Kontakten in den Erlenhof, wo man Alpakas pflegt, für die freie Liebe trommelt und Pfeifchen raucht. Ob des verwirrenden, frivolen Beziehungsgeflechts kommt selbst Boerne ins Stottern. Aufzuklären ist trotz alledem der Mord an Erlenhof-Mitglied Maik Koslowski, Aktmodell, Seminarleiter und begehrter Beischläfer aller Geschlechter. In diesem Sumpf kann sich nur einer auskennen: Thiels Vadder (Claus D. Clausnitzer).
Autorin Elke Schuch demontiert mit Lust das Bild einer scheinbar intakten Familie im noblen Eigenheim. Nichts ist so, wie es aussieht. Auch der Kirchenvertreter wird nicht geschont. Die Aufklärung des Falles ist allerdings wenig überraschend, und das ansonsten leidenschaftlich betriebene Pendeln zwischen Klamauk und Krimi wirkt in diesem Fall etwas bemüht.