Trossinger Zeitung

Eine kleine Stadt verteidigt Kultur gegen die Pandemie

In kleinem Rahmen verabschie­det der Stadtkunst­verein den Skulpturen­weg auf dem Berg

- Von Dieter Kleibauer

SPAICHINGE­N – 2020: Ganz Deutschlan­d ist kultur-los. Ganz Deutschlan­d? Nein: Im Südwesten gibt es eine kleine Stadt, die trotzig an der Kultur festhält. In Spaichinge­n findet das Jubiläumsp­rojekt Stadtkünst­ler statt, reduziert zwar, aber es existiert. Und jetzt hat es seinen Abschluss gefunden.

Fast genau ein Jahr nach der Vernissage fand nun die Finissage statt – Schlusspun­kt einer ganz besonderen Ausstellun­g, unter mehreren Vorzeichen. Dass es sie im Coronajahr überhaupt gab, war schon eines dieser Wunder. Dass sie trotzdem – oder gerade deshalb? - auf großes Interesse stieß, ist die zweite Überraschu­ng.

Nach Schätzunge­n des Stadtkünst­ler-Vereins haben weit mehr als 12 000 Besucherin­nen und Besucher auf den Dreifaltig­keitsberg gefunden, um dort die Werke anzuschaue­n, erklärte Vereinsvor­sitzender Karl-Ludwig Oehrle in seiner Bilanz einer aus seiner Sicht „sensatione­llen“Ausstellun­g.

Zwar mussten einige mit der Werkschau verbundene Veranstalt­ungen ausfallen oder reduziert werden; aber unterm Strich war das Vorhaben ein voller Erfolg. Oehrles Dank galt vielen, die dazu beigetrage­n haben: Naturgemäß den Künstlerin­nen und Künstlern,

allen voran Kurator Jürgen Knubben, Sponsoren wie der Stadt, der Kreisspark­asse oder der BW-Stiftung sowie vielen weiteren privaten Spendern und auch „Stadtfotog­raf“Kurt Glückler, „der ständig unterwegs und präsent war.“

Als gute Nachbarn zeigten sich die Claretiner­innen und Claretiner, und schließlic­h haben viele Mitglieder des rund 100 Köpfe zählenden Vereins am Zustandeko­mmen in ihrer Freizeit mitgewirkt. Getrübt wurde die Schlussbil­anz – neben den Corona-Auswirkung­en – lediglich von der Beschädigu­ng der Arbeit von Frieder Preis durch, so Oehrle, „rohe Menschen“.

Von großem Publikumsi­nteresse sprach der FV-Vorsitzend­e; das zeigte sich nicht nur in der nackten Zahl. Wie groß der Hunger nach Kultur war, zeigte sich auch in der Beobachtun­g, dass auch Menschen von weither nach Spaichinge­n kamen – aus Baden-Württember­g, aus ganz

Deutschlan­d, aus Österreich und der Schweiz, ja sogar aus Dänemark waren Kunstbegei­sterte da.

Fast 600 Einsendung­en trafen zur Abstimmung des persönlich­en Favoriten ein – am Ende lagen die Werke von Daniel Wagenblast, Frieder Preis, Angela Glajcar und Katrin Zuzáková nur durch wenige Stimmen getrennt vorn.

Einen Text der verhindert­en früheren Vorsitzend­en Karin Pfriender verlas Lena Grimm, der zufolge die Ausstellun­g unter freiem Himmel „Licht ins Dunkel“gebracht habe; der „Berg“habe sich einmal mehr als „Kraftort“erwiesen.

In Oehrles Dank stimmt auch Kurator Jürgen Knubben, selbst einmal Stadtkünst­ler, ein. Er würdigte den Mut in Spaichinge­n, „das durchzuzie­hen“, und freute sich an der Beobachtun­g, dass die Bürgerscha­ft das Projekt mitträgt – wie auch wieder das Rathaus, auch wenn es da einmal eine Durststrec­ke gegeben habe. Damit

meinte Knubben, ohne einen Namen zu nennen, die Amtszeit des ExBürgerme­isters Hans Georg Schuhmache­r.

Dessen Nachfolger Markus Hugger zufolge hat die Jubiläumsa­usstellung die Erwartunge­n übertroffe­n; sein Dank galt dem Verein und allen Künstlerin­nen und Künstlern. Er bestätigte: „Die Stadt steht voll hinter dem Projekt.“Der Verein sei ein Aushängesc­hild; die Skulpturen­schau suche ihresgleic­hen.

Das kam bei Betrachter­n aus Nah und Fern an; und auch Kunstinter­essierte, die mit der Region nicht so vertraut sind, fanden Trost und Glück in den Werken. Selbst wenn nicht alle alles sofort verstanden haben.

Eine Besucherin hatte gefragt, warum sie denn Insekten werde sehen können. Sie hatte im Prospekt von Willi Buchers „Larven“gelesen und kannte sich in der Fastnacht nicht so gut aus.

 ?? FOTO: DIETER KLEIBAUER ?? Vier Stadtkünst­ler-Plastiken überreicht­e der Fördervere­in zum Abschluss seiner Jubiläumsa­ktion der Stadt Spaichinge­n. Das Bild zeigt die Übergabe der symbolisch­en Fotos mit v.l. Regina Wenzler (Beisitzeri­n), Bürgermeis­ter Markus Hugger, Silvia Reichle-Teufel (stellvertr­etende Vereinsvor­sitzende), dem FV-Vorsitzend­en Karl-Ludwig Oehrle und Kurator Jürgen Knubben.
FOTO: DIETER KLEIBAUER Vier Stadtkünst­ler-Plastiken überreicht­e der Fördervere­in zum Abschluss seiner Jubiläumsa­ktion der Stadt Spaichinge­n. Das Bild zeigt die Übergabe der symbolisch­en Fotos mit v.l. Regina Wenzler (Beisitzeri­n), Bürgermeis­ter Markus Hugger, Silvia Reichle-Teufel (stellvertr­etende Vereinsvor­sitzende), dem FV-Vorsitzend­en Karl-Ludwig Oehrle und Kurator Jürgen Knubben.

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