Donau-Abstau: Umweltministerium bleibt hart
Die Hoffnung der Tuttlinger Bürgerinitiative, die neue Ministerin Walker könnte die Faktenlage anders bewerten, wird sich wahrscheinlich nicht erfüllen
TUTTLINGEN - Neue Ministerin, neues Glück? Die Tuttlinger Bürgerinitiative „Donau erhaltenswert“hat sich mit einem Brief an Thekla Walker gewandt, die in der neuen Landesregierung das Umweltressort übernommen hat. Das Ziel ist, den Abstau der Donau doch noch zu verhindern. Eine erste Antwort aus dem Ministerium macht allerdings wenig Hoffnung.
„Wir bitten Sie, einen neuen frischen Blick auf unser Donau-Problem zu werfen“, schreiben Thomas Kienzle, Thomas Kattler und Thomas Rohrbach von der Initiative an die Grünen-Politikerin. In dem Brief, der uns vorliegt, schlagen sie der Nachfolgerin von Franz Untersteller (Bündnis 90/Die Grünen) vor, „gemeinsam mit uns, den Behörden in Tuttlingen (Stadt und Landratsamt/Anm. d. Red.) und Freiburg (Regierungspräsidium) nach einer Lösung zu suchen, die der Ökologie, den Menschen in Tuttlingen und den europäischen Regeln besser entspricht als das Verbot des bisherigen Wehrmanagements.“
In dem Brief erklärt die Initiative ihre Sichtweise zur Auslegung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie, die zum Abstau des Flusses in Tuttlingen geführt hat. Das Verwaltungsgericht Freiburg hatte im Dezember 2020 eine entsprechende Klage der Stadtverwaltung abgewiesen und die Möglichkeit einer Berufung am Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim nicht zugelassen. Das Credo der EU-Verordnung laute „Flüsse müssen fließen“, schreibt die Initiative. In Tuttlingen sei die Lage aber anders. Wegen der Versickerungsstellen des Flusses bei Immendingen und Möhringen würden im Sommer nur Tümpel überbleiben, die Donau sei deshalb „ein partiell stehendes Gewässer“. Ungeachtet dessen – und obwohl sich die Wasserqualität verbessert habe – war das Wehrmanagement mit einem Aufstau von April bis Oktober auf 2,50 Meter nicht mehr erlaubt worden. Mit dem Abstau im Winter, darauf verweist die Initiative, habe man sogar die Durchwanderbarkeit des Flusses für die Lebewesen sichergestellt.
Die Entscheidung, dass der Pegel der Donau in Tuttlingen abgesenkt werden muss, wollen die Mitglieder der Bürgerinitiative nicht akzeptieren. Unterstützt von einem neuen Gutachten fordern sie, dass die Situation neu bewertet wird. „Die Frage der Donau ist mehr als nur die unflexible Durchsetzung der europäischen Wasserrichtlinie, es ist ebenso eine Thematik des Klimaschutzes, der Bürgernähe und Sinnbild für den Erhalt der Heimat“, erklärt der Zusammenschluss, der mehr als 10 000 Unterschriften gegen den Abstau gesammelt hatte.
Ob es zu einem persönlichen Gespräch mit der Initiative, wie in dem Brief angeboten, kommen wird, ist unklar. Das Umweltministerium erklärt, dass sich Thekla Walker bisher erst kurz mit dem Thema befasst habe. Eine Antwort soll die Initiative aber noch in diesem Monat erhalten. Die Wartezeit von mehr als einem Monat nimmt Thomas Kienzle, Sprecherin der Initiative, der neuen Umweltministerin nicht übel. „Das werte ich nicht negativ“, erklärt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Walker müsse sich im Ressort erst einarbeiten.
Ein Umdenken in der Donaufrage ist in Stuttgart aber nicht zu erwarten. „Die Rechtsauffassung des Landes wurde mit Urteil vom 8. Dezember 2020 vom Verwaltungsgericht Freiburg bestätigt“, schreibt Pressesprecher Matthias Schmid. In der Beurteilung des Gerichts seien alle Gutachten einbezogen worden. „Insofern können wir derzeit keinen Anlass für eine neue Beurteilung erkennen.“Außerdem seien Landratsamt und Regierungspräsidium als verfahrensführende Behörden in der Frage zuständig, erklärt der Ministeriumssprecher. Eine Entscheidung, ob die Donaufrage noch einmal erörtert wird, steht noch aus. Die Stadt Tuttlingen hat im April 2021 einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim VGH Mannheim gestellt.