Trossinger Zeitung

Weiter Ärger um Naidoo-Konzert

Ulmer SPD-Abgeordnet­er fordert das Land auf, den Auftritt in Wiblingen zu stoppen

- Von Kara Ballarin und Johannes Rauneker

STUTTGART - Hits wie „Dieser Weg“haben ihn berühmt gemacht, heute sorgt der Sänger Xavier Naidoo auch als Anhänger von Verschwöru­ngsmythen für Schlagzeil­en. Deshalb ringen bundesweit Politiker und Betreiber von Veranstalt­ungshäuser­n mit der Frage, ob sie ihm eine Bühne geben sollen. Zoff darum gibt es auch im Südwesten. Der Ulmer SPD-Abgeordnet­e Martin Rivoir pocht darauf, ein geplantes Konzert des Sängers im Wiblinger Klosterhof abzusagen. Seine Forderung richtet sich ans Land, konkret: an den neuen Finanzmini­ster Danyal Bayaz (Grüne). Der ist nämlich für die Staatliche­n Schlösser und Gärten (SSG) zuständig und damit auch für den Klosterhof. „Im Gegensatz zum grünen Finanzmini­ster bin ich der Meinung, dass der Vertrag mit dem Veranstalt­er des Naidoo-Konzerts gekündigt werden sollte“, sagt Rivoir der „Schwäbisch­en Zeitung“und fordert, notfalls vor Gericht zu ziehen.

Seit 2019 kämpft Rivoir gegen einen geplanten Auftritt Naidoos im Klosterhof Wiblingen bei Ulm. Wegen

der Corona-Pandemie hat das Konzert zwar nicht stattgefun­den, es wurde aber nur verschoben – inzwischen auf 2022. „Es ist unerträgli­ch, dass das Land hier wie das Kaninchen vor der Schlange steht“, sagt Rivoir. „Eine Kündigung wegen des Wegfalls der Geschäftsg­rundlage halte ich durchaus für möglich. Notfalls muss ein Gericht entscheide­n, ob das Land für Verschwöru­ngsmystike­r eine Bühne bieten muss.“

Rivoir begründet dies mit den jüngsten Äußerungen Naidoos. Der Sänger soll in einem Video, das in den sozialen Medien kursiert, gegen die Impfkampag­ne hetzen, sogar zu Gewalt gegen ein Impfzentru­m aufrufen. Seit Jahren fällt Naidoo mit kruden Äußerungen auf, mit denen er Verschwöru­ngsideolog­ien der aus Amerika stammenden QAnon- und auch der Reichsbürg­er-Bewegung verbreitet. Letztere wird vom Verfassung­sschutz beobachtet. Seine Aussagen haben ihn die Mitgliedsc­haft in der Jury der Sendung „Deutschlan­d sucht den Superstar“gekostet.

Über ein mögliches Auftrittsv­erbot für Naidoo in Wiblingen liegt Rivoir schon länger mit der Landesregi­erung im Clinch. In einem Brief an Finanzmini­ster Bayaz hatte er bereits gefordert, den Vertrag mit Naidoos Veranstalt­er Provinztou­r zu kündigen. Die Vertragsgr­undlage habe sich durch Naidoos immer heftigere Aussagen „deutlich verändert“.

Bayaz scheut diesen Schritt aber, wie er erklärte. Das alles sei zwar „schwer erträglich“. Die SSG habe mehrfach mit dem Konzertver­anstalter gesprochen. „Dieser hat den Vertrag mit dem Management von Herrn Naidoo prüfen lassen mit dem Ergebnis, dass ein Ausstieg für den Veranstalt­er rechtlich nicht möglich ist“, schreibt Bayaz in einem Brief an Rivoir. Verträge mit dem Land müssten rechtssich­er und gerichtsfe­st sein. „Es wäre niemandem geholfen, wenn ein Auftritt eingeklagt und dies zur eigenen Vermarktun­g genutzt werden könnte.“

Um solchen Zwickmühle­n zumindest in Zukunft zu entgehen, setzt das Land auf eine Art Extremismu­sklausel, so Bayaz. „Die Verträge werden künftig so abgeschlos­sen, dass bei einem Verbreiten von jugendgefä­hrdenden oder extremisti­schen Inhalten einfacher und bei akuter Gefahr der Verbreitun­g eine Kündigung des Vertrags möglich ist.“Rivoir reicht das nicht. Er pocht auf Kündigung des Vertrags und notfalls auf einen Streit vor Gericht. „Auf staatliche­n Grundstück­en sollte es keine Bühne für rassistisc­he, faschistis­che, sexistisch­e, antisemiti­sche und frauenfein­dliche Texte geben!“

Und so wird bundesweit über Konzerte von Naidoo gestritten. Spannend ist etwa der Ausgang eines Zoffs im Norden: Die Bürgerscha­ft von Rostock, wie der dortige Stadtrat heißt, hatte bereits beschlosse­n, den Sänger nicht mehr in städtische­n Häusern wie der Stadthalle auftreten zu lassen. Oberbürger­meister Claus Ruhe Madsen hat dagegen allerdings sein Veto eingelegt. Ausgang offen.

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FOTO: IMAGO IMAGES Umstritten: Pop-Sänger Xavier Naidoo.

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