Schilf und Sand filtern Phosphor aus dem Regen
Da nur ein Retentionsbodenfilter gebaut wurde, fehlt den Schrebergärten lediglich ein fünf Meter breiter Streifen
SPAICHINGEN - Eigentlich sollte der Retentionsbodenfilter an der Spaichinger Kläranlage schon mit Sand gefüllt und Schilf bepflanzt sein, doch noch steht das Wasser auf dem Kiesboden. Schuld ist der viele Regen der letzten Wochen. „Auf den Kies kommt noch eine Dichtungsfolie aus Kunststoff, die verschweißt werden muss“, erklärt Gerold Honer, Leiter des Tiefbauamts. Da es jedoch so viel geregnet hat, war es nicht trocken genug, um die Folie zu verschweißen und auszulegen. Wenn das Wetter hält, soll der Retentionsbodenfilter aber Ende Juli, Anfang August fertiggestellt werden.
Durch den Retentionsbodenfilter soll das in den städtischen Überlaufbecken bei Regen aufgefangene Wasser gefiltert werden. Zuvor war das Regenwasser zwar schon mit geklärtem Wasser aus der Kläranlage verdünnt worden, eine gewisse Grundbelastung sei aber trotzdem noch da gewesen, bevor es in die Prim ablief. „Der Plan ist jetzt, dass das Regenwasser nicht mehr direkt in die Prim läuft, sondern über das Verteilbecken in den Filter einfließt“, erklärt Honer. Hier soll es durch die Sandschicht und die Schilfbepflanzung natürlich gereinigt werden.
Der Bodenfilter wird nach der Fertigstellung aus mehreren Schichten bestehen. Ganz unten ist die Kiesschicht, über die die verschweißte Dichtungsfolie laufen wird. In diese werden Drainagerohre gelegt, durch die das Wasser ablaufen kann. Über die Folie kommt der eigentliche Filter: eine etwa 50 Zentimeter dicke Sandschicht und die Schilfpflanzen. Der Sand hat eine spezielle Mischung und ist besonders carbonhaltig. Sand und Schilf sollen die restlichen Schmutzstoffe, wie Phosphor und leichte Schmutzflocken, die sich nicht bereits am Boden eines Vorbeckens abgelagert haben, bei der Versickerung aus dem Wasser filtern. Der carbonhaltige Sand bindet dabei das Phosphor und schützt die Prim, in die das gereinigte Wasser geleitet wird, vor einer Überdüngung.
Besonders wertvoll ist diese letzte Stufe der Reinigung vor dem Vorfluten in die Prim im Sommer, was auch einer der Gründe ist, weshalb der Retentionsbodenfilter überhaupt gebaut wird. Im Sommer ist der Wasserstand der Prim so niedrig, dass sie fast aus der Kläranlage entspringt. „Eigentlich soll das Verhältnis zwischen Wasser aus der Prim und aus dem Vorfluter fünf zu eins sein“, sagt Honer. Im Sommer ist das Verhältnis aber fast eins zu eins. Das Wasser muss also so sauber sein, dass es keinen Einfluss auf das Gewässer
hat. In Gewässeruntersuchungen seien Defizite in der Gewässerbehandlung festgestellt worden. Nachdem der Filter in Betrieb genommen worden ist, soll deshalb eine weitere Untersuchung der Prim die Wirkung der Maßnahme überprüfen.
Honer schätzt, dass der Sand und die Pflanzen mindestens 15 Jahre halten werden. „Die Oberfläche wird sich über die Zeit irgendwann verfestigen, dann müssen wir den händisch mal aufbrechen“, erklärt er. Auch das Schilf wird etwas Pflege benötigen und zum Beispiel zurückgeschnitten werden müssen. „Der Sand wird sich über die Witterung selbst reinigen“, erzählt Bauamtsleiter Benedikt Schmid. Genutzt werden kann der Retentionsbodenfilter nach der Fertigstellung aber erst nach einem Jahr. So viel Zeit brauchen nämlich die Schilfpflanzen, um richtig anzuwachsen. Deshalb dränge gerade ein bisschen die Zeit, den Filter fertigzustellen, damit die Pflanzen noch vor dem Winter angewachsen sind, so Schmid. Nächstes Jahr im Frühling soll die Anlage dann in Betrieb genommen werden.
600 Quadratmeter groß ist der Retentionsbodenfilter und fasst bis zu 600 Kubikmeter Wasser. Eigentlich waren erst zwei Filter mit einem Fassungsvermögen von je 1000 Kubikmetern Wasser geplant gewesen. In der weiteren Bearbeitung habe man dann aber festgestellt, dass ein
Becken mit 1000 Kubikmeter Fassungsvermögen ausreichen würde. „Dann gab es aber eine Änderung in der Vorschrift, wie viel Wasser abgeleitet werden kann und deshalb haben wir den Filter auf 600 Kubikmeter reduziert“, sagt Honer.
Die Option, den Filter auf 1000 Kubikmeter zu erweitern, bestehe aber. „Wir haben extra die Straße weiter rüber gelegt und einen fünf Meter breiten Streifen bei den Schrebergärten reduziert“, so Honer. Sollte die Kapazität des Retentionsbodenfilters mal nicht ausreichen, kann das alte Nachklärbecken, das direkt neben dem Filter steht, als Zwischenspeicher
Gerold Honer, Leiter Tiefbauamt
genutzt werden.
Eigentlich sollte der Retentionsbodenfilter schon im letzten Jahr fertig sein. Im Juli 2019 wurde die Maßnahme von der Stadt ausgeschrieben, dann aber nochmal aufgehoben, da die Angebotssumme zu hoch war. „Im Winter haben wir das dann nochmal ausgeschrieben und auch ein günstigeres Angebot bekommen“, sagt Honer. Im ersten Anlauf betrug die Angebotssumme 2,1 Millionen Euro, jetzt wird der Filter für rund 1,7 Millionen Euro von der Arbeitsgemeinschaft STRABAG und Störk gebaut. Im Sommer 2020 ging es los mit dem Ausheben von 7000 Kubikmetern Erde, um das eigentliche Becken anderthalb Meter tiefer zu legen. Dann folgten der Bau einer Zulauf- und einer Ablaufrinne für das Regenwasser. Durch eine Steuerung wird dann das Ablaufen des gefilterten Wassers in die Prim geregelt.
„Die Versickerung dauert zwei bis drei Tage. Bei Vollfüllung wird dann die Abflussmenge geregelt“, erklärt Honer. Maximal 30 Liter pro Sekunde dürfen in die Prim geleitete werden. Wenn der Filter fertig gestellt ist, sollen erstmal keine weiteren Baumaßnahmen zur Verbesserung der Kläranlage durchgeführt werden. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung im Mai diesen Jahres aber der Montage einer Photovoltaikanlage auf dem Dach der Kläranlage zugestimmt. „Damit wollen wir den Stromverbrauch der Anlage ökologisch abdecken“, sagt Schmid. Wenn alles fertig gebaut ist, habe Bürgermeister Hugger anberaumt, einen Tag der offenen Tür an der Kläranlage anzubieten, damit die Bevölkerung sehen kann, was in den letzten Jahren alles erneuert worden ist.
„Wir haben extra die Straße weiter rüber gelegt und einen fünf Meter breiten Streifen bei den Schrebergärten reduziert“