Schadensbegrenzung bei den Grünen
Zum Auftakt des Parteitags gibt Robert Habeck Fehler zu
BERLIN - Die Grünen wollen sich auf dem Bundesparteitag am Wochenende auf die Inhalte ihres Wahlprogramms konzentrieren und sich nicht weiter mit der Kritik an Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock beschäftigen. Co-Vorsitzender Robert Habeck gab bei der Eröffnungsrede am Freitag zu, dass die Partei Fehler gemacht habe. „Wir haben uns geärgert und werden diese Fehler abstellen“, sagte Habeck. Nun solle es aber um Themen wie soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Finanzierungsmöglichkeiten gehen.
Habecks Rede bildete den Auftakt des dreitägigen Bundesparteitags. Die Delegierten wollen am Wochenende das Wahlprogramm verabschieden und Co-Chefin Annalena Baerbock zur Kanzlerkandidatin küren. Baerbock war ins Kreuzfeuer geraten, weil sie zuerst Bonuszahlungen in Höhe von 25 000 Euro nachmelden und Ungenauigkeiten in ihrem Lebenslauf korrigieren musste.
Die Kanzlerkandidatin entschuldigte sich mehrfach. Solche Fehler hätten nicht passieren dürfen. Die Konsequenzen waren spürbar: Die Wahl in Sachsen-Anhalt fiel schlechter aus als erhofft, und die Umfragewerte der Kanzlerkandidatin stürzten in den Keller.
Co-Chef Habeck und Bundesgeschäftsführer Michael Kellner bemühten sich am Freitag in Berlin vor 100 Delegierten um Schadensbegrenzung. Kellner griff die Union an, die die Fehler Baerbocks ausgeschlachtet hatte. Er warf dem politischen Gegner einen schmutzigen Wahlkampf vor. Von der Union kämen „wüste, faktenfreie Attacken“, sagte Kellner. „Das ist die Angst, dass wir es tatsächlich schaffen können. Andere haben viel zu verlieren, wir haben viel zu gewinnen“, betonte der Wahlkampfchef.
Der Co-Parteivorsitzende legte den Fokus auf die Kernthemen der Grünen. In seiner Eröffnungsrede betonte er, wie wichtig Freiheit als Wert des Lebens sei. Nur durch Klimaschutz würde es möglich, die Freiheit zu schützen, sagte Habeck. Dabei führte er durch das Wahlprogramm der Grünen.
Die Partei stünde für eine veränderte Finanzpolitik, ein neues Verhältnis zwischen Klimaschutz und
Wirtschaft und ein anderes Sozialsystem. Statt Hartz IV solle es mit den Grünen eine Garantiesicherung geben, in der „die Menschen ertüchtigt und nicht drangsaliert werden“, sagte der Co-Parteivorsitzende.
Wie die ökologische Transformation zu schaffen ist, wie ambitioniert die Ziele formuliert und wie diese sozial verträglich gestaltet werden sollen, darüber sind sich die Parteimitglieder nicht einig. So verläuft eine Linie zwischen jenen, die radikale, linke Forderungen stellen, und jenen, die einen moderateren, pragmatischeren Kurs verfolgen. Konflikte sind programmiert.
Insgesamt 3280 Änderungsanträge musste die Antragskommission rund um den Bundesgeschäftsführer Michael Kellner in den vergangenen Wochen durchforsten und im Vorfeld Kompromisse schließen. Rund 50 Anträge werden bis Sonntag diskutiert und abgestimmt.
Ein Thema hatte die Grünen-Spitze bereits vor dem Start ihrer Konferenz ausgeräumt. Einige Antragsteller hatten ein Tempolimit von 100 km/h auf deutschen Autobahnen gefordert, die Vorlage des Vorstands sah 130 km/h vor. Schließlich einigten sich Antragsteller und GrünenSpitze auf eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h und stimmten stattdessen über ein Tempolimit auf Landstraßen von 70 statt bisher 100 Stundenkilometern ab. Am späten Abend gab es Diskussionen über die Höhe des CO2-Preises und den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor. Der Vorstand hält einen Ausstieg im Jahr 2030 für realistisch, die Antragsteller wollen die Abkehr vom Diesel- und Benzinmotor auf 2025 vorziehen.