Tuttlingen bleibt roter Fleck, aber Lockerungen kommen
Corona-Ausbrüche vor allem in Großfamilien – Ab 18. Juni öffnen Kinos und Kulturveranstaltungen
TUTTLINGEN - Eigentlich hatte sich die Corona-Inzidenz im Landkreis Tuttlingen schon unter 50 bewegt, dann schnellte sie plötzlich wieder nach oben. So bald wird es also nichts mit den weitreichenden Lockerungen – warum also hält sich der Landkreis so beharrlich als roter Fleck auf der Deutschland-Karte?
Auch Landrat Stefan Bär hätte darauf gern eine andere Antwort als die üblichen: viele Industrie-Arbeitsplätze, die ein höheres Ansteckungsrisiko bergen, dazu eine niedrige Impfquote. Offenbar gehen die Infektionen in den Betrieben aber etwas zurück. Es würden kaum noch Kontaktpersonen vom Arbeitsplatz gemeldet, sagte Bär in einer Pressekonferenz am Freitag.
Die jüngsten Infektionen im Raum Trossingen, Aldingen und Spaichingen seien vor allem auf Kontakte im Freizeit- und Familienbereich zurückzuführen, in Spaichingen sei eine Großfamilie betroffen. Am Freitag kamen wieder zehn Neuinfektionen hinzu, auch hier liegt der Schwerpunkt in Trossingen und Spaichingen. Größere Ausbrüche bei Feiern oder ähnlichem seien dem Landratsamt nicht bekannt. Aber: „Zwei bis drei Großfamilien tragen bei diesen niedrigen Zahlen schon dazu bei, dass man über eine Grenze springt“, so Bär.
Aktuell liegt der Landkreis Tuttlingen bei einer Inzidenz von 57 (Zahl der Neuinfektionen pro Woche pro 100 000 Einwohner). Auch der Kreis Rottweil lag in der Region am Freitag noch über 50, im Schwarzwald-Baarund Zollernalbkreis hat sich die Lage entspannt. In Konstanz und im Bodenseekreis sind längst weitere Lockerungen in Kraft getreten.
Abgesehen von den Zahlen hält Bär die Lage auch im Landkreis Tuttlingen für deutlich entspannter als noch vor ein paar Wochen. „Die dritte Welle im Klinikum ist jetzt wirklich vorbei“, sagte er. Vier Covid-Patienten
liegen derzeit im Klinikum, zwei von ihnen – im Alter von 32 und 21 – werden beatmet.
Von einer Überlastung des Gesundheitswesens könne man also nicht mehr sprechen, so Bär. Dennoch zähle für Lockerungen nach wie vor nur die Inzidenz, und deshalb gelte es weiterhin, sich diszipliniert zu verhalten und die Kontakte einzuschränken: „Wir brauchen in Tuttlingen noch etwas Geduld, wir sind einfach noch nicht soweit“, sagte Bär.
Immerhin winken ab Freitag, 18. Juni, weitere Lockerungen. Laut Landesverordnung tritt dann der zweite Öffnungsschritt in Kraft, der gilt, wenn ein Landkreis 14 Tage lang unter einer Inzidenz von 100 liegt. Dann dürfen Kinos, Fitnessstudios und Hallenbäder öffnen, die Gastronomie darf bis 22 Uhr öffnen und Kulturveranstaltungen sind wieder möglich. Nach wie vor gilt allerdings die Voraussetzung: getestet, genesen oder geimpft.
Da soll es eine Erleichterung geben: Der digitale Impfpass, der vom Bundesgesundheitsministerium angekündigt wurde, soll im Kreisimpfzentrum ab Montag ausgestellt werden. Zweitgeimpfte erhalten einen Barcode, mit dem sie ihre Impfung zum Beispiel in die Corona-WarnApp übertragen können. Generell geht es beim Impfen gut voran. Im Impfzentrum und bei den Hausärzten würden gut 2000 Personen täglich geimpft, sagte Bär. Wie berichtet, handelt es sich im KIZ momentan vor allem um Zweitimpfungen.
Wie das Impfen in Betrieben vorangehe, sei für das Landratsamt schwer zu beurteilen. „Die Betriebe nutzen nicht die gleiche Software wie wir, sie melden die Impfungen nur direkt ans Robert-Koch-Institut. Deshalb haben wir da leider keinen Einblick“, sagte Bär. Aus Gesprächen wisse er, dass sich vor allem kleinere Betriebe schwer täten, einen Arzt, zudem mit genügend Impfstoff, zu finden. Er hoffe, nächste Woche dazu mehr Auskünfte zu bekommen.