Elf Gründe für 26 Helden
Was für den vierten deutschen Europameisterschaftstitel nach 1972, 1980 und 1996 spricht
HERZOGENAURACH - Public Viewing mit Freunden und dann wenige Tage später sogar selber mitspielen bei dieser EM. Nationalspieler haben’s gut – Einschränkung: wenn sie es denn auch gut machen. Die Auserwählten des DFB verfolgen die Partien der Rivalen auf dem sogenannten Marktplatz ihres Quartiers „Homeground“, dem „Campo Bavarico“, am Firmensitz des Ausrüsters Adidas gemeinsam. „Es kommt Stimmung auf, wenn jeden Tag zwei, drei Spiele sind und man ständig Fußball schauen kann“, meinte Ilkay Gündogan. Dann kommen alle aus ihren Bungalows zusammen, allerdings „nicht mit einem Bierchen in der Hand“, wie der Mittelfeldspieler betonte.
Vor der Übungseinheit am Freitagvormittag stellten sich die 26 Spieler zum offiziellen Mannschaftsfoto zusammen. So viel Kader war noch nie. Coronabedingt dürfen drei mehr als üblich aufs Foto. Ob es die Nationalelf aus dem fränkischen Herzogenaurach bis nach London schafft, bis ins Endspiel am 11. Juli im Wembleystadion? Zukunftsmusik. Wie die Frage, ob an der Stätte des Champions-LeagueFinals 2013 made by Bundesliga zwischen Bayern und Dortmund 2013 der vierte EM-Titel eingefahren wird. Nach 1972, 1980 und 1996 wäre die Zeit reif.
Die „Schwäbische Zeitung“nennt elf Gründe, warum die 26 bei der EM in elf Ländern zu Helden werden:
München garantiert Siege:
Vier Turnierpartien mit deutscher
Beteiligung wurden bislang in der bayerischen Landeshauptstadt ausgetragen. Das WM-Finale 1974 (2:1 gegen die Niederlande), die EM-Vorrundenpartie gegen Spanien 1988 (2:0), beide im Olympiastadion, sowie zwei WM-Matches 2006, das Eröffnungsspiel gegen Costa Rica (4:2) und das Achtelfinale gegen Schweden (2:0), beide in der Fröttmaninger Arena.
Bundestrainer Löw hat seinen vorzeitigen Abschied mit dem Zeitpunkt des Turnier-Aus bereits im März angekündigt. Es lebe der Extra-Kick Motivation. Manuel Neuer: „Wir wollen die erfolgreiche Ära mit einem schönen Abschluss krönen und ihm ein Geschenk machen.
Alle für Jogi:
Er hat es einfach verdient, mit einem Höhepunkt aufzuhören.“
Rückkehrer Thomas Müller hat mit 39 die meisten Länderspieltore auf dem Habenkonto des Kaders. Kleines Hindernis: Dafür müsste der Routinier diesmal seinen EM-Torfluch überwinden. Bei drei EM-Teilnahmen glückten ihm in elf Partien: null Treffer. Bei drei Weltmeisterschaften traf er dagegen zehn Mal.
Es wird müllern: Gegen CR7 läuft’s:
Cristiano Ronaldo wird bei der Auslosung laut gestöhnt haben: Nicht schon wieder gegen die Deutschen! Bei der WM 2006 (1:3), der EM 2008 (2:3), der EM 2012 (0:1) und der WM 2014 (0:4) setzte es für den Weltstar mit seinen Portugiesen jeweils Pleiten. Gutes Omen für den DFB zum zweiten Gruppenspiel am kommenden Samstag.
Acht aktuelle Meister, darunter sieben SextupleSieger (mit Ausnahme des erst im Sommer 2020 dazugestoßenen Leroy Sané) stehen in Löws Kader: Neuer, Müller, Süle, Kimmich, Goretzka, Gnabry und Musiala. Mehr bajuwarische Wucht war nie – und Blockbildung hat schon bei früheren Turnieren gefruchtet.
Der Bayern-Block: Das Franken-Camp:
Watutinki, das Plattenbau-Quartier am Stadtrand von Moskau, ist Geschichte. Damals wurde den Stars einmal sogar das WLAN abgestellt, weil sie nachts zu viel auf den Konsolen zockten. Herzogenaurachs Posthum-Gastgeber Adi Dassler würde sich im Grabe umdrehen!
Elfmeterschießen gegen England: „It’s coming home ...“– und wieder und wieder und wieder. Das Halbfinale in Wembley wäre doch perfekt, um die in dieser Disziplin als Bammel-Briten bekannten Gastgeber vom Punkt herauszufordern. Wie 1996. Als der heutige DFB-Torwarttrainer Andy Köpke gegen Gareth Southgate (den heutigen Nationaltrainer der Briten!) parierte.
Manuel „The Wall“Neuer:
Der Welttorhüter ist nun Rekordnationaltorwart (100 Länderspiele), Spitzname „Schnapper“, weil er – fast immer – alle Bälle schnappt. Die Gegner bekommen, natürlich, Schnappatmung.
Kai Havertz (am Freitag 22 Jahre jung geworden) schoss das Siegtor im Champions-League-Finale gegen Manchester City, machte sich und die ChelseaMitspieler Antonio Rüdiger und Timo Werner zu den Königen der Königsklasse.
Die Chelsea-Power: Wembley calling:
1996 machte sich Oliver Bierhoff mit dem Golden Goal gegen Tschechien unsterblich. Wer könnte 25 Jahre später zum ebenso überraschenden Final-Helden werden? Kevin Volland?
Die Statistik lügt nicht:
Bei EModer WM-Turnieren, die in ungeraden Jahren ausgetragen wurden, ist eine deutsche Nationalelf noch komplett ungeschlagen. Na, das kann ja nur einmalig werden!