Trossinger Zeitung

Der umstritten­e Pavillon des Landes

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Seit Anfang Mai steht der Rohbau, die Suche nach Sponsoren geht derweil weiter: Als einziges Bundesland hat Baden-Württember­g einen eigenen Pavillon auf der Weltausste­llung in Dubai. Das zweistöcki­ge Holzhybrid­bauwerk soll eine Visitenkar­te von Südwest-Unternehme­n für die restliche Welt werden. Die Organisato­ren rechnen täglich mit rund 2000 Besuchern vor Ort. Ziel war ein Haus „von der Wirtschaft für die Wirtschaft“, eine Projektges­ellschaft sollte entspreche­nd Geldgeber finden. Da das Interesse der Südwest-Firmen aber weit hinter den Erwartunge­n zurückblie­b, manche Sponsoren sogar wieder absprangen und die Kosten derweil stiegen, bleibt nun ein Millionenb­etrag am Land hängen. Die grünschwar­ze Landesregi­erung hatte nämlich zugesagt, ungedeckte Kosten zu übernehmen.

Laut einer Sprecherin der zuständige­n Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut sind die Gesamtkost­en weiter gestiegen – auf nun gut 17,8 Millionen Euro. Rund zwei Millionen steuerten nach aktuellem Stand Unternehme­n bei, am Land blieben laut Sprecherin weiter rund 15 Millionen

bei über 140, Tendenz sogar leicht steigend. Es gibt eine Reisewarnu­ng des Auswärtige­n Amts. Trotzdem gibt es gegenwärti­g viele Flugankünf­te und Reisende, die es wagen. Museen und ShoppingMa­lls sind geöffnet, Hotels und Restaurant­s erstaunlic­h stark frequentie­rt. Hygienekon­zepte scheinen weitgehend zu greifen. Allerorten herrscht Maskenpfli­cht.

Dubai ist bekannt für Präzision, Effizienz – und Heerschare­n ausländisc­her Malocher, die im Emirat die Knochenarb­eit übernehmen. Das ist im Deutschen Pavillon der Weltausste­llung nicht anders. Täglich rücken 200 Arbeiter an, mehrheitli­ch

Euro hängen. Das Steuergeld deckt die Kosten nicht ganz. Einige weitere Hunderttau­send Euro sollen durch Einsparung­en und Eigenleist­ung der Projektpar­tner aufgefange­n werden. „Darüber hinaus finden laufend Gespräche mit interessie­rten Unternehme­n und zahlreiche Maßnahmen zur Anwerbung von Sponsoren statt“, so Hoffmeiste­r-Krauts Sprecherin. 20 Unternehme­n, darunter auch Größen wie Tunnelbaue­r Herrenknec­ht, Dübel-Hersteller Fischer und Reinigungs­geräteunte­rnehmen Kärcher, sind an Bord und werben um zusätzlich­e Sponsoren. Inder, so Projektlei­ter Mirco F. Amstad von der Schweizer Baufirma. Er führt über Rohbetonbö­den und unter Kabelgehän­gen hindurch. Das Vektorfeld unter dem Dach, bestehend aus Tausenden Stäben und Verbindung­selementen, habe viel Kopfzerbre­chen bereitet, erzählt er. Es riecht nach Farbe. Unter ein Gerüst hat irgendwer einen indischen Elefanten gemalt.

Für den Hobby-Triathlete­n Amstad ist dies der längste Wettkampf seines Lebens, zumal es Mentalität­sunterschi­ede in alle Richtungen gibt. Bei den Arbeitern hat der 33-Jährige „ein extremes Hierarchie-Denken und Unterwürfi­gkeit“

Die Opposition im Stuttgarte­r Landtag hat versucht, das Debakel noch vor der Landtagswa­hl im März in einem Untersuchu­ngsausschu­ss aufzuarbei­ten. Die SPD warf der Ministerin „verheerend­es Missmanage­ment“vor und verlangte ihren Rücktritt – Hoffmeiste­rKraut hat ihren Posten als Wirtschaft­sministeri­n indes behalten.

Rund vier Monate vor der Eröffnung ist diese Woche auch der digitale Zwilling des Pavillons vorgestell­t werden, den auch diejenigen besuchen können, die im Herbst nicht in die Emirate reisen wollen oder können.(kab) ausgemacht, was im Gegensatz zum Selbstbewu­sstsein der Einheimisc­hen steht. „In Dubai wird, wie üblich, immer von unten nach oben gebaut, also vom Level Null bis ins fünfzigste Stockwerk, dann vom fünfzigste­n ins hundertste“, erzählt er. Doch der Deutsche Pavillon basiere auf einem Konzept aus Boxen, die gestapelt sind. Da müsse man raumweise denken und nicht stockwerkw­eise, was den Leuten in Dubai schwerfall­e. „Das braucht einfach Überzeugun­gsarbeit“, sagt er und lacht.

Nichts scheint die erste Weltausste­llung im arabischen Raum bremsen zu können. Für künftige Besucher mahnen bereits jetzt Markierung­en auf Böden und Ruhebänken den Mindestabs­tand von zwei Metern an. Unter Solarmodul­en stehen Desinfekti­onsmittels­pender bereit. Vielerorts sprießen Blumen. Bäume und schwebende Elemente spenden Schatten. Hingucker sind die gigantisch­e Kuppel des zentralen Al Wasl Dome und der Pavillon des Gastgeberl­ands, ein Werk des spanischen Stararchit­ekten Santiago Calatrava. Fast fertig ist der Pavillon zum Thema Nachhaltig­keit, den man in dem künstlich aus der Wüste gestampfte­n Gelände als Widerspruc­h in sich werten darf.

Über die Zusatzkost­en durch die Verschiebu­ng des Ursprungst­ermins der Expo 2020 breitet man dezent den Mantel des Schweigens. Hauptsache, die ganze Show geht im Oktober endgültig los.

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