Südwest-CDU eröffnet den Wahlkampf
Schäuble Spitzenkandidat für die Bundestagswahl – Attacken gegen Grüne
STUTTGART - Sie wollen stärkste Kraft werden und alle 38 Direktmandate gewinnen: Trotz der Niederlage bei der Landtagswahl im März hat sich die CDU in Baden-Württemberg für die Bundestagswahl hohe Ziele gesteckt. „Es geht aufwärts“, rief Landeschef Thomas Strobl den Deligierten bei der digitalen Landesvertreterversammlung zu. Dort wurde die Landesliste aufgestellt – und Mut gemacht für die kommenden Monate.
Spitzenkandidat der SüdwestCDU ist wieder einmal Wolfgang Schäuble. Der Bundestagspräsident aus Offenburg erhielt 87,85 Prozent der Delegierten-Stimmen. Seit fast 50 Jahren sitzt der frühere Bundesfinanzund Innenminister im Bundestag. Es ist nach Angaben der Partei seit 1990 das neunte Mal, dass Schäuble die Landes-CDU als Spitzenkandidat in die Wahl führt. Einen Gegenkandidaten um den ersten Platz der Landesliste hatte er nicht.
Schäuble weiß um die Besonderheit des Wahlkampfs. Die Ausgangslage im Bundestagswahlkampf sei eine andere, weil Kanzlerin Angela Merkel nicht mehr antrete, sagte er. „Wir führen ihn ohne Amtsbonus.“Doch der Sieg bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt habe Rückenwind gegeben. Zufrieden zeigte er sich auch mit den 59 Kandidaten, die hinter ihm auf der Landesliste stehen und die sich am Samstag mit kurzen Redebeiträgen oder Videos vorstellten. „Wir sind schon eine tolle Partei“, sagte Schäuble am Ende der Veranstaltung. „Wenn man die Kandidaten Revue passieren lässt, ist die Debatte darum, was eine Volkspartei ist, eigentlich beendet.“
Das betonte auch Landeschef Thomas Strobl. „Die CDU in BadenWürttemberg hat Gott sei Dank kein Problem hochqualifizierte Frauen und Männer zu finden“, sagt er. Dass die Landesliste inzwischen zur Hälfte mit Frauen besetzt sei, zeige, dass die Partei auf einem guten Weg sei. Tatsächlich finden sich vor allem auf den hinteren Plätzen der Liste auffällig viele junge Frauen. Nur: Es ist nahezu ausgeschlossen, dass eine von ihnen über die Liste ins Bundesparlament einzieht. Bei den jüngsten Bundestagswahlen gelang es der CDU, alle Wahlkreise zu gewinnen. Die Landesliste spielte deshalb zuletzt nur für Nachrücker eine Rolle. So zog etwa der Wangener Christian Natterer im November für den ausgeschiedenen Armin Schuster aus Weil am Rhein in den Bundestag ein. Natterer wurde diesmal mit 78,7 Prozent auf Rang zehn der Landesliste gewählt.
Dennoch könnte die Liste bei der diesjährigen Wahl eine größere Rolle spielen. Bei der Bundestagswahl vor vier Jahren hatte die Südwest-CDU 34,4 Prozent der Zweitstimmen und damit das Ergebnis der Bundes-CDU um 1,5 Punkte übertroffen. Diesmal könnten vor allem Universitätsstädte wie etwa Freiburg, Heidelberg und Tübingen an die erstarkten Grünen fallen. Die Grünen kamen 2017 auf 13,5 Prozent. Nach Umfragen wird damit gerechnet, dass die Ökopartei diesmal wie auch im Bund deutlich stärker abschneidet.
In dem Fall wäre etwa das Mandat der Tübinger Abgeordneten Annette Widmann-Mauz in Gefahr. Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung und Bundesvorsitzende der Frauen-Union erhielt bei ihrer Wahl auf Listenplatz zwei ein relativ schwaches Ergebnis: Nur 66,1 Prozent der Delegierten stimmten mit Ja – obwohl sie keinen Gegenkandidaten hatte. Stärker als Schäuble und
Widmann-Mauz schnitt UnionsFraktionsvize Andreas Jung aus Konstanz auf Rang drei der Liste ab. Der Chef der baden-württembergischen Landesgruppe erhielt 164 Ja-Stimmen, 12 Delegierte stimmten mit Nein, 3 enthielten sich. Auf Platz vier landete Steffen Bilger aus dem Wahlkreis Ludwigsburg (88,2 Prozent), auf Platz fünf die ehemalige Europaabgeordnete Inge Gräßle aus dem Kreis Backnang/Schwäbisch Gmünd (65,32 Prozent) und auf Platz sechs Alexander Föhr aus Heidelberg (85,8 Prozent).
Lieblingsgegner in den Bewerbungsreden der Kandidaten waren die Grünen, die parallel auf ihrem Parteitag Annalena Baerbock zur Kanzlerkandidatin wählen. Auch sie attackierte Landeschef Strobl in seiner Rede. „Die Grünen haben schon einen sehr hohen moralischen Anspruch, was Transparenz angeht“, sagte er. Da sei es schon beachtlich, dass Annalena Baerbock vergessen habe, Sonderzahlungen zu melden und ihren Lebenslauf nachbessern musste. Der Landesinnenminister verwies darauf, dass er seit zehn Jahren ehrenamtlich CDU-Landeschef sei. „Ich habe noch nie ein Weihnachtsgeld erhalten. Deswegen muss ich auch nirgendwo etwas angeben.“Die neue Generalsekretärin Isabell Huber ergänzte: „Wir als CDU haben es vielleicht momentan nicht immer leicht. Aber die Grünen haben einen Höhenflug erlebt und so wie sie senkrecht gestartet sind, so schnell waren sie zurück auf dem Boden der Tatsachen.“
Doch zunächst geht es für die CDU um Geschlossenheit in den eigenen Reihen. Die Parteispitze weiß, dass sich viele in der Südwest-CDU einen anderen Kanzlerkandidaten gewünscht hätten. „Armin Laschet soll mit der Kraft des Südens deutscher Bundeskanzler werden. Dafür werden wir kämpfen“, sagte Strobl wohl deshalb vor allem an die unzufriedene Basis gerichtet. „Ohne die Südwest-CDU geht nichts.“