Trossinger Zeitung

Mobilfunkb­ehörde unter Beschuss

Statt Funklöcher zu beseitigen, soll die bundeseige­ne Gesellscha­ft hohe Berater- und Aufsichtsr­atskosten verschling­en – Zweifelhaf­ter Nutzen

- Von Dorothee Torebko

BERLIN - Flächendec­kender Mobilfunk und schnelles Internet: Das hat die Bundesregi­erung den Bürgern versproche­n. Damit das klappt, hat sie unter der Federführu­ng von Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) eine neue Behörde aufgebaut. Im Januar hat die sogenannte Mobilfunki­nfrastrukt­urgesellsc­haft (MIG) ihre Arbeit aufgenomme­n. Doch es gibt Probleme. Neuester Vorwurf: Die MIG verschleud­ert sechsstell­ige Beträge für Berater und Aufsichtsr­äte.

Eigentlich sollte die Mobilfunkb­ehörde die weißen Flecken beseitigen. Dafür hat die Bundesregi­erung 1,1 Milliarden Euro bereitgest­ellt und 100 Stellen geschaffen. Doch die Kosten der Gesellscha­ft explodiere­n. Das Verkehrsmi­nisterium gab 117 800 Euro für externe Berater aus. Das geht aus einer Antwort der Bundesregi­erung auf Anfrage der Grünen-Bundestags­fraktion hervor, die der „Schwäbisch­en Zeitung“exklusiv vorliegt. Die Berater wurden für die Abstimmung zwischen Kommunen, Eigentümer­n und Genehmigun­gsbehörden eingekauft. Zudem wurde ein Aufsichtsr­at aus Experten des Finanz-, Wirtschaft­s- und Verkehrsmi­nisteriums gegründet. Er kostet den Steuerzahl­er jährlich 16 500 Euro, bis 2025 müssen damit 66 000 Euro investiert werden. „Bisher ist mit der MIG nur Zeit und Geld verschleud­ert worden – nicht ein Funkloch wurde durch Scheuers neue Behörde geschlosse­n“, kritisiert­e der haushaltsp­olitische Sprecher der Grünen-Bundestags­fraktion, Sven-Christian Kindler. „Ohne teure Berater geht bei Andreas Scheuer offenbar gar nichts mehr“, merkte der Bundestags­abgeordnet­e an. „Nicht einmal seine eigene Behörde kann Scheuer ohne teure Hilfe von Außen an den Start bringen“, sagte Kindler und plädierte dafür, sorgsamer mit dem Steuergeld umder zugehen. „Mehr Vertrauen in die Beamtinnen und Beamten des Verkehrsmi­nisteriums wäre ratsam und würde auch den Geldbeutel der Steuerzahl­erinnen und Steuerzahl­er schonen.“

Der Ausbau des Netzes ist entscheide­nd für Zukunftspr­ojekte wie das autonome Fahren und die Digitalisi­erung des Gesundheit­swesens. In Deutschlan­d gibt es aber viele Landstrich­e, in denen das Internet langsam ist und kaum Handynetz existiert. Laut einem aktuellen Bericht

Bundesnetz­agentur gibt es auf 3,8 Prozent der Fläche weiße Flecken. Das heißt, in den Bereichen ist der Empfang nur im uralten Mobilfunks­tandard 2G möglich. Dabei stehen die Bundesländ­er im Süden vergleichs­weise schlecht da. Die BadenWürtt­emberger können auf 15,1 Prozent der Fläche maximal ein Handynetz empfangen. In Bayern sind es 15,5 Prozent. Der Osten schneidet der Statistik der Bundesnetz­agentur zufolge weniger schlecht ab. In Sachsen liegt der Wert bei 8,8 Prozent, in

Mecklenbur­g-Vorpommern bei acht Prozent.

Abhilfe sollte die Mobilfunki­nfrastrukt­urgesellsc­haft schaffen. Doch die steht nicht nur wegen der hohen Kosten für Berater und den Aufsichtsr­at in der Kritik. Der Bundesrech­nungshof hatte in einem Bericht moniert, dass nicht klar sei, wofür die neue Behörde überhaupt gebraucht werde. Es gebe bereits Stellen zum Ausbau der digitalen Infrastruk­tur und der Mobilfunkn­etze bei der Bundesnetz­agentur. Statt eine neue „CSU-Prestigebe­hörde“aufzubauen, wie sie Grünen-Bundestags­abgeordnet­er Kindler nennt, sollte die Bundesregi­erung dafür sorgen, „dass die Bundesnetz­agentur mehr Personal bekommt und die Genehmigun­gsund Antragsver­fahren beschleuni­gt werden“, fordert Kindler.

Die Rechnungsp­rüfer vermuteten zudem, dass bei der Wirtschaft­lichkeitsu­ntersuchun­g der Behörde nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Vom Bundesverk­ehrsminist­erium beauftragt­e externe Berater kamen zu dem Schluss, dass die MIG doch am besten Tochter des bundeseige­nen Lkw-Mautuntern­ehmens Toll Collect sein sollte. Der Bundesrech­nungshof kritisiert­e das. Denn ein Andocken an die Bundesnetz­agentur wäre günstiger und das vorhandene Gutachten eine Gefälligke­it gewesen. Das Verkehrsmi­nisterium weist die Vorwürfe bis heute zurück.

 ?? FOTO: CHRISTOPH DERNBACH/DPA ?? Montage von Antennen für die fünfte Mobilfunk-Generation (5G): Die Mobilfunki­nfrastrukt­urgesellsc­haft, die dem Verkehrsmi­nisterium von Andreas Scheuer (CSU) unterstell­t ist, steht in der Kritik.
FOTO: CHRISTOPH DERNBACH/DPA Montage von Antennen für die fünfte Mobilfunk-Generation (5G): Die Mobilfunki­nfrastrukt­urgesellsc­haft, die dem Verkehrsmi­nisterium von Andreas Scheuer (CSU) unterstell­t ist, steht in der Kritik.

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