Trossinger Zeitung

Im Zweifel schickt das Finanzamt jemanden vorbei

Wer kein Arbeitszim­mer hat, kann bei der Steuererkl­ärung die Homeoffice-Pauschale geltend machen

- Von Julia Brunner

SPAICHINGE­N - Kann ich mein Arbeitszim­mer von der Steuer absetzen? Was genau bedeutet die Homeoffice-Pauschale? Über Veränderun­gen bei der Steuererkl­ärung für das Jahr 2020 hat sich Heuberger-BoteVolont­ärin Julia Brunner mit Steuerbera­ter Patric Kollmar unterhalte­n.

Was kann ich im Homeoffice von der Steuer absetzen?

Zunächst muss man unterschei­den: Hat man ein separates Arbeitszim­mer, das büromäßig eingericht­et und ausgestatt­et ist oder verrichtet man die Tätigkeit am Küchentisc­h oder in einer Arbeitseck­e in einem anderen Zimmer. Im zweiten Fall kann man die 2020 eingeführt­e Homeoffice-Pauschale beantragen. Die beträgt je vollständi­gem Arbeitstag im Homeoffice fünf Euro und wird für maximal 120 Tage gewährt und führt zu Werbungsko­sten in Höhe von 600 Euro.

Steht einem ein entspreche­nd eingericht­etes Arbeitszim­mer zur Verfügung und hat der Arbeitgebe­r die Heimarbeit angeordnet, können die anteiligen Kosten unbegrenzt geltend gemacht werden, sofern das Arbeitszim­mer den Mittelpunk­t der gesamten berufliche­n und betrieblic­hen Tätigkeit darstellt. Ist das Arbeitszim­mer nicht der Mittelpunk­t, ist der Abzug auf 1250 Euro pro Jahr begrenzt.

Abzugsfähi­g sind dann die anteiligen Kosten des Arbeitszim­mers. Miete, Nebenkoste­n, Strom, Wasser, Heizung oder bei Eigentümer­n der Wohnung entspreche­nd Abschreibu­ng, Schuldzins­en, Gebäudever­sicherunge­n sowie die Energiekos­ten. Bei einer Wohnung mit 100 Quadratmet­er und einem Arbeitszim­mer mit zehn Quadratmet­ern kann man zehn Prozent der gesamten Kosten geltend machen, eventuell begrenzt auf 1250 Euro. Daneben können natürlich Kosten für Arbeitsmit­tel und Ausstattun­g wie Laptop, Drucker oder Headset, die beruflich genutzt werden und nicht vom Arbeitgebe­r gestellt oder bezahlt werden, abgesetzt werden.

Was gilt denn alles als Arbeitszim­mer?

Das Arbeitszim­mer muss büromäßig eingericht­et und ausgestatt­et sein, das heißt Schreibtis­ch, einen Schrank. Ein Kinderspie­lzimmer oder ein Gästezimme­r mit Bett erfüllt nicht die Voraussetz­ungen eines Arbeitszim­mers. Des Weiteren sollte das Arbeitszim­mer zu über 90 Prozent beruflich genutzt werden, und es sollte in der Wohnung dann auch genug Wohnraum zur Verfüwirke­n gung stehen. In einer Zwei-ZimmerWohn­ung bekommt man schwer ein Arbeitszim­mer unter.

Kontrollie­rt das auch jemand? Also kann dann auch jemand zuhause vorbeikomm­en und sagen „Ich will jetzt das Arbeitszim­mer sehen“? Ich habe schon Fälle erlebt, in denen seitens des Finanzamts Bilder und Grundrissp­läne angeforder­t wurden, in denen das Arbeitszim­mer dann eingezeich­net wurde. Im Zweifel könnte es dann auch mal sein, dass jemand vorbeikomm­t.

Sie haben ja erwähnt, dass man dieses Jahr bis zu 600 Euro Homeoffice-Pauschale geltend machen kann. Was genau bedeutet das jetzt?

Die Homeoffice-Pauschale wurde im vergangene­n Jahr eingeführt, um die Kosten, die den Arbeitnehm­ern durch das Homeoffice entstehen, ohne Nachweis von einzelnen Kosten entspreche­nd steuerlich geltend machen zu können.

Das bedeutet für die Fälle, in denen am Esszimmert­isch oder in einer Arbeitseck­e in einem anderen Zimmer gearbeitet wird ein pauschaler Abzug von fünf Euro je Arbeitstag für maximal 120 Tage pro Jahr möglich ist. Ein Nachweis tatsächlic­h entstanden­er Kosten wäre hier nicht oder nur sehr aufwändig möglich. Mit der Pauschale von fünf Euro sind dann Miete, Energiekos­ten und so weiter abgegolten.

Sofern keine weiteren Werbungsko­sten vorliegen, wirkt sich die Pauschale allerdings nicht aus, da jedem Steuerpfli­chtigen grundsätzl­ich ein Werbungsko­stenpausch­betrag in Höhe von 1000 Euro zusteht. Kombiniert mit weiteren Werbungsko­sten wie Pendlerpau­schale, Arbeitsmit­tel oder Fortbildun­gskosten kann sich die Homeoffice-Pauschale jedoch auswirken.

Bekommt man diese Pauschale dann nur, wenn man kein Arbeitszim­mer hat, das man absetzen kann oder kann man theoretisc­h auch beides absetzen?

Nein, beides geht nicht. Also immer dann, wenn Sie keinen büromäßig eingericht­eten Raum haben, sind Sie im Bereich Homeoffice-Pauschale und können diese fünf Euro geltend machen.

Was für Auswirkung­en kann das auf das Absetzen von Miet- und Nebenkoste­n haben?

Bei der Homeoffice-Pauschale ist mit den fünf Euro alles abgegolten. Beim Arbeitszim­mer kann man sämtliche Kosten anteilig für das Arbeitszim­mer geltend machen. Hier

sich dann Mietzahlun­gen, Energiekos­ten und sonstige Nebenkoste­n entspreche­nd aus.

Wie sieht es aus mit Internet, Festnetz oder Handy?

Solche Ausgaben können als Arbeitsmit­tel zusätzlich mit 20 Prozent der tatsächlic­hen Kosten, maximal 20 Euro pro Monat geltend gemacht werden.

Wie wird das dann kontrollie­rt, muss man dann eine Handyrechn­ung einschicke­n?

Das kann schon sein. Zunächst möchte das Finanzamt mit Einreichun­g der Steuererkl­ärung keine Belege. Diese müssen auf Anforderun­g des Finanzamts nachgereic­ht werden. So kann es dann auch sein, dass Handy- oder Internetko­sten entspreche­nd nachgewies­en werden müssen.

Gelten dann jetzt auch für die Steuererkl­ärung 2020 andere Fristen? Grundsätzl­ich müssen die Erklärunge­n zum 31. Juli eingereich­t werden. Sollte zum Beispiel ein Steuerbera­ter mit der Erstellung der Erklärung beauftragt werden, verlängert sich die Frist bis zum 28. Februar 2022.

Was für Regeln gelten, wenn man in Kurzarbeit war?

Wer Kurzarbeit­ergeld bekommen hat, ist verpflicht­et eine Steuererkl­ärung abzugeben, sofern das Kurzarbeit­ergeld über 410 Euro liegt. Grundsätzl­ich ist das Kurzarbeit­ergeld steuerfrei, es unterliegt jedoch dem Progressio­nsvorbehal­t. Das bedeutet, dass es bei der Ermittlung des Steuersatz­es berücksich­tigt wird, der dann entspreche­nd höher wird. Das kann dann zu Steuernach­zahlungen führen.

Gibt es sonst noch etwas, das man beim Homeoffice oder der Kurzarbeit beachten sollte?

Belege aufbewahre­n und eventuell eine Bescheinig­ung über die Homeoffice-Tage beim Arbeitgebe­r anfordern.

Wie sieht es bei Ihnen aus, haben Sie gerade Spezialber­atungen zu dem Thema oder läuft das nebenher?

Das Thema Homeoffice und Kurzarbeit kommt jetzt mit den Erklärunge­n 2020 immer öfters vor. In vielen Fällen ist es nur die Homeoffice-Pauschale, weil eben kein zusätzlich­er Raum zur Verfügung steht. Auch zum Thema Kurzarbeit­ergeld wollen sich viele informiere­n. Ansonsten ist das Thema Überbrücku­ngshilfe für Unternehme­r immer noch sehr präsent.

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FOTO: JULIA BRUNNER Wer zuhause gearbeitet hat, kann sein Arbeitszim­mer von der Steuer absetzen oder die Homeoffice-Pauschale geltend machen, sagt Patric Kollmar.

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