Trossinger Zeitung

Wenn Erdbeeren und Baiser tanzen

Pavlova, die Spezialitä­t aus Baiser, Sahne und Frucht hat in der Erdbeerzei­t ihren Auftritt

- Von Ricarda Dieckmann

BERLIN (dpa) - Wenn sie auf der Desserttaf­el steht, zieht sie die Aufmerksam­keit auf sich: die Pavlova. Die Torte ist komplett weiß, was nur zum Teil an der Sahne liegt. „Bei der Pavlova steht Baiser absolut im Mittelpunk­t – das ist so bei keinem anderen Dessert der Fall“, sagt der Konditorme­ister Michael Meyer. Der gebackene Eischnee wird mit einer Sahne-Creme gefüllt und mit Früchten dekoriert – und ist somit perfekt für die Resteverwe­rtung von Eiweiß.

Pavlova – war da nicht was? Tatsächlic­h geht der Name auf die berühmte Ballerina Anna Pavlova zurück. „Das Dessert erinnert optisch auch an ein Tutu“, sagt Meyer. Ende der 1920er-Jahre war die Tänzerin mehrfach in Australien und Neuseeland zu Gast, in der Zeit wurde auch das gleichnami­ge Dessert geschaffen. Ob die erste Pavlova nun in Australien oder Neuseeland serviert wurde, darüber streiten beide Länder noch heute.

Unumstritt­en ist jedenfalls eines: Es ist gut, dass die Pavlova den Sprung über die Ozeane geschafft hat und auch hierzuland­e bekannt ist. „Die Pavlova ist nämlich etwas ganz Feines“, findet die Rezeptentw­icklerin und Food-Fotografin Verena Pelikan. „Sie zergeht förmlich auf der Zunge. Außen ist sie knusprig, innen zart und schaumig.“

Auf dem Weg zu dieser optimalen Konsistenz sind vor allem zwei Dinge wichtig: Geduld und Sorgfalt. Das beginnt bereits mit der Reinigung der Schüssel, in der die Baisermass­e zubereitet werden soll. „Wichtig ist, dass dort keine Fettrückst­ände sind, sonst lässt sich das Eiweiß nicht gut aufschlage­n“, erklärt Pelikan.

Wer sichergehe­n möchte, sollte Rührstäbe und Schüssel daher vorab mit etwas Essig abwischen. Pelikan rät zudem dazu, Schüsseln aus Glas oder Metall zu verwenden. Denn: In den feinen Poren von Plastiksch­üsseln fühlen sich Fettrückst­ände besonders wohl. Und lassen sich kaum herauslock­en.

Ist die Schüssel vorbereite­t, kann es losgehen. Es gibt einige Kniffe, die dabei helfen, dass der Eischnee gut gelingt. Wer direkt zu Beginn eine Prise Salz zum Eiweiß gibt, sorgt für mehr Stabilität. Anschließe­nd wird die Mischung aufgeschla­gen, wobei nach und nach Zucker hinzugefüg­t wird.

„Auf einen Teil Eiklar kommen zwei Teile Zucker“, erklärt Konditorme­ister Meyer. Bei der Pavlova lohnt sich der Griff zu speziellem Backzucker. „Das ist ein feinerer Zucker, der sich in der Eimasse besonders schnell auflöst“, erklärt die Foodblogge­rin Anja Schloßmach­er. Durch Puderzucke­r sollte man den Backzucker jedoch besser nicht ersetzen: Die Baisermass­e bleibt sonst zu flüssig.

„Reicht es nicht langsam?“Wer schon einmal Eischnee geschlagen hat, kennt diesen Gedanken. Die Eimasse für die Pavlova ist fest genug, wenn sie glänzt und ein Löffel in ihr stehen bleibt. Auch der Zucker sollte sich dann vollständi­g aufgelöst haben. Pelikan kennt einen Kniff, um das zu testen: „Wenn man etwas von der Eimasse zwischen den Fingern reibt, sollte man keine Körner mehr spüren.“Steht die Masse - im wortwörtli­chen Sinne – kann man vorsichtig etwas Maisstärke und Weißweines­sig unterheben, um sie noch stabiler zu machen.

Klassische­rweise wird die Pavlova nicht in einer Kuchenform gebacken, sondern auf Backpapier. Das verschafft viel Freiheit, was die Form angeht. „Man kann eine große Pavlova zubereiten oder mehrere kleine. Die Pavlova muss nicht unbedingt rund sein, man kann auch ein Herz als Form wählen“, so Pelikan.

Worauf die Wahl auch fällt: Es ist hilfreich, den Umriss auf Backpapier aufzuzeich­nen. Dreht man das Papier um, scheint die Form durch und verschafft Orientieru­ng, wenn man den Eischnee aufträgt. „Wichtig ist dann, für die Füllung eine Mulde in die Masse zu drücken“, sagt Schloßmach­er. Sie rät dazu, einen feuchten Löffel zu verwenden – daran bleibt weniger Eischnee kleben.

Anschließe­nd geht es für die Pavlova-Basis in den Ofen, wo sie bei etwa 100 Grad für eine Stunde verweilt und damit eher getrocknet als gebacken wird. „Wird der Baiser braun oder gelblich, sollte man die Hitze etwas reduzieren“, sagt Schloßmach­er. Anschließe­nd folgt der Schritt, der Ungeduldig­en wohl am schwersten fällt. Die Basis der Pavlova muss im ausgeschal­teten Ofen komplett auskühlen.

So bleibt Zeit, um die Creme und die Früchte vorzuberei­ten. Für die Füllung kann man ganz klassisch Sahne aufschlage­n. Wer es leichter mag, hebt etwas Quark oder griechisch­en Joghurt unter. Die Creme wird später in die Mulde der BaiserBasi­s gefüllt. Die Bühne für die Früchte ist somit bereitet.

Frische Früchte sorgen nicht nur für die Farbtupfer auf der Torte, sondern auch für ein Gegengewic­ht im Geschmack: „Da der Baiser an sich recht süß ist, passen Früchte mit einer gewissen Säure gut dazu, etwa Himbeeren, Brombeeren oder Blutorange­n“, findet Michael Mayer. Der absolute Klassiker auf der Pavlova bleibt jedoch die Erdbeere, oft in Kombinatio­n mit Rhabarber, der etwas Säure mitbringt.

Sind die Früchte, der man auf der Pavlova den großen Auftritt geben will, gerade nicht in Saison, ist auch das entspreche­nde Kompott eine gute Wahl. Verena Pelikan rät allerdings dazu, bei Zitrusfrüc­hten vorsichtig zu sein. „Da dort Saft austritt, kann es passieren, dass die Pavlova schnell nicht mehr schön aussieht und aufweicht.“

Von dem Gedanken, dass die Pavlova auch nach dem Anschneide­n eine optische Vorzeige-Torte ist, sollte man sich am besten verabschie­den. „Es ist nun einmal so, dass die Pavlova dann schnell zerbricht“, so Pelikan. Das Gute: Das ändert nichts daran, dass die einzelnen Stücke mit fluffiger Leichtigke­it auf der Zunge tanzen.

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FOTO: VERENA PELIKAN/DPA Die weiße Baiser-Wolke der Pavlova erinnert in der Tat an ein Ballettröc­kchen.

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