Vor Ort stellt sich Kirche auf Veränderungen ein
Auch in der Region rechnen die Kirchenvertreter damit, dass ihre Mitgliederzahlen immer weiter schwinden werden. Schon in den letzten zehn Jahren habe seine Gemeinde jedes Jahr um die hundert Mitglieder verloren, erklärt zum Beispiel der katholische Dekan von Tuttlingen, Matthias Koschar. Das ist eine Herausforderung, der sie sich stellen müssen.
„Die spannende Frage wird sein, wie wir auch jüngere Menschen wieder für Kirche begeistern können“, meint Robert Aubele, katholischer Pfarrer in Spaichingen. Auch sein Kollege in Trossingen, Thomas Schmollinger, denkt, dass neue Ansätze her müssen: „Man muss neue Worte finden, um die Menschen zu erreichen“, sagt er – neue Worte und neue Medien, wie Instagram: „Das ist noch eine große Herausforderung“, gesteht er jerend doch lachend. Sein evangelisches Pendant, Torsten Kramer, hat auch einen Lösungsansatz: „Ich sehe die Kirche in der Zukunft mehr als Freikirche“, erklärt er. „Die Ära der großen Verwaltungen geht zu Ende. Ich spüre, dass die jüngere Generation sich nach Gemeinschaft sehnt, so wie in Amerika zum Beispiel, wo man ganz bewusst Mitglied der Kirche ist und sich an die Gemeinschaft bindet.“
Den Blick über den Tellerrand sieht auch Matthias Koschar als Chance: „Wenn man weltweit schaut, wächst die katholische Kirche noch. Diese Internationalisierung ist eine Bereicherung, auch hier. Bis 2031 werden wir viele Gemeindemitglieder haben, die nicht mehr gebürtige Tuttlinger sind.“Insgesamt würde jedoch der sonntägliche Kirchenbesuch immer seltener, berichtet er weiter, wähdie Nachfrage nach kirchlicher Begleitung zu bestimmten Lebenspunkten jedoch immer noch groß sei: Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen. Es könne der Eindruck entstehen, Kirche sei nur noch ein Dienstleister, doch diese Angst ist unbegründet, findet Koschar. „Diese punktuelle Vernetzung ist wichtig und funktioniert nicht wie ein Kaffeeautomat. Die Begegnungen können viel mehr bieten.“
„Ich habe keine Angst, dass die Kirche verschwindet“, bringt es Johannes Thiemann, evangelischer Pfarrer in Spaichingen, auf den Punkt. „Wir werden weiterhin eine Volkskirche sein“, denkt auch Sebastian Berghaus, evangelischer Dekan aus Tuttlingen. „Nicht, weil alles Volk zur Kirche läuft, sondern weil wir weiterhin für jeden da sein werden, der sich an uns wendet.“(mda)