Trossinger Zeitung

Wo jetzt die Masken fallen

Geringe Ansteckung­sgefahr im Freien – Doch manche Virologen warnen vor zu viel Lockerheit

- Von Hajo Zenker

BERLIN - Soll die Maske wieder aus unserem Leben verschwind­en? In der Politik tobt darüber eine Debatte, Anhaltspun­kte, wo der Mund-Nase-Schutz sinnvoll ist und wo nicht, gibt es durchaus.

Masken in Schulen:

Mecklenbur­gVorpommer­n hat die Maskenpfli­cht generell im Unterricht und auf dem Schulhof abgeschaff­t. Sachsen erlaubt das in Städten oder Landkreise­n, wo die Sieben-Tage-Inzidenz unter 35 liegt. Zumindest für Mecklenbur­g-Vorpommern, wo die Inzidenz unter fünf beträgt, hält das die Virologin Ulrike Protzer, die an der TU München lehrt, für sinnvoll. Denn die Chance sei dort „sehr gering, dass ein infizierte­s Kind in der Klasse ist“.

Dagegen steigt für die Virologin Melanie Brinkmann vom Braunschwe­iger Helmholtz-Zentrum für Infektions­forschung die Gefahr, wenn man jetzt ohne Schutz und Abstand in voller Klassenstä­rke unterricht­e, „dass die Zahl der Infektions­ereignisse wieder ansteigt“. Auch Lehrerverb­andspräsid­ent Heinz-Peter Meidinger fordert insbesonde­re während des Unterricht­s zu „größtmögli­cher Vorsicht“auf. Und für den Virologen Martin Stürmer von der Universitä­t Frankfurt kommt der Wegfall der Maskenpfli­cht an den Schulen zu früh – auch weil es eine Signalwirk­ung für andere Aktivitäte­n in Innenräume­n habe.

Denn da sind sich die Experten weitgehend einig: Die Ansteckung­sgefahr im Freien ist viel geringer als in Räumen. Laut Gesellscha­ft für Aerosolfor­schung finden im Freien „so gut wie keine Infektione­n durch Aerosolpar­tikel statt“. Und die sogenannte­n Aerosole, besonders kleine Tröpfchen, die der Mensch beim Atmen, Sprechen oder Niesen ausstößt, sind es ja, die als besonders gefährlich für die Virusübert­ragung gelten.

Masken auf dem Parkplatz.

Die Vorschrift, auf dem Parkplatz des Supermarkt­es eine Maske tragen zu müssen, erscheint denn auch ziemlich unsinnig. Der Infektiolo­ge Jan Rupp vom Universitä­tsklinikum in Lübeck und der Kieler Virologe Helmut Fickensche­r halten diese Regelung, die in Sachsen bereits aufgehoben wurde, denn auch für überflüssi­g. Schließlic­h könne man auf Parkplätze­n „keine Überfüllun­gen“erkennen. Anders sieht das etwa bei großen Sportveran­staltungen oder Demonstrat­ionen aus, wo ausreichen­de körperlich­e Distanz über längere Zeit schwer möglich ist und daher Masken angezeigt sind.

In den Supermärkt­en aber selbst, raten beide Wissenscha­ftler, erst einmal bei der Maskenpfli­cht zu bleiben. So hatte auch Niedersach­sen seinen Vorstoß, die Masken in Geschäften abschaffen zu wollen, nach viel Kritik schnell wieder kassiert. SPD-Gesundheit­spolitiker Karl Lauterbach meint, erst wenn 70 Prozent der erwachsene­n Bevölkerun­g vollständi­g geimpft sei, könne auf Masken in Innenräume­n verzichtet werden. Auch für Peter Walger, Vorstand der Deutschen Gesellscha­ft für Krankenhau­shygiene, ist die Maske „das beste Schutzmitt­el, das wir haben, bis die Herdenimmu­nität da ist“. Die Präsidenti­n der Deutschen Gesellscha­ft für Epidemiolo­gie, Eva Grill, hält es vorerst weiter für wichtig, zumindest drinnen weiterhin Maske zu tragen. „Es geht hier auch um den Schutz vor ansteckend­eren neuen Varianten des Virus.“

Masken für immer.

Unterdesse­n mehren sich die Stimmen, die Masken in bestimmten Situatione­n oder Zeiten beziehungs­weise für bestimmte Gruppen für empfehlens­wert halten. Der Epidemiolo­ge Timo Ulrichs von der Akkon Hochschule für Humanwisse­nschaften in Berlin etwa hält es in der Erkältungs­saison für absolut empfehlens­wert, Maske zu tragen. Denn wegen der CoronaMask­enpflicht sei die Grippesais­on 20/21 nahezu komplett ausgefalle­n. Auch gab es im vergangene­n Jahr nur noch rund ein Drittel der mit Erbrechen und Durchfall verbundene­n Norovirus-Fälle von 2019.

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