Trossinger Zeitung

In der Pandemie gibt es weniger Organspend­er

Nach einer Covid19-Erkrankung gelten für eine Spende extrem strenge Vorschrift­en

- Von Anja Schuster

TUTTLINGEN - Derzeit warten 1066 Menschen in Baden-Württember­g auf eine Organspend­e. „Sie alle warten dringend auf ein Organ. Wir dürfen auch in Pandemieze­iten diese Menschen nicht vergessen“, sagt Staatssekr­etärin Dr. Ute Leidig. Doch die Zahl der Spender ist laut Landesgesu­ndheitsmin­isterium seit Jahren rückläufig. Die Corona-Pandemie könnte die Situation weiter verschärfe­n.

341 Organe wurden in BadenWürtt­emberg im vergangene­n Jahr laut Statistik der Deutschen Stiftung Organtrans­plantation (DSO) postmortal gespendet. Diese stammen von 107 Menschen aus dem Land. 2019 waren es noch 118 Spender und 2018 noch 126. Doch während die Bereitscha­ft zur Spende von dem ohnehin schon recht niedrigen Niveau in Deutschlan­d (nur vier von zehn Menschen sind zur Spende bereit) stagniert beziehungs­weise sogar leicht rückläufig ist, ist der Bedarf weiter da. Derzeit sei zwar kein Zuwachs an Patienten auf den Warteliste­n infolge der Pandemie zu erkennen, teilt Dr. Ingo Rebenschüt­z, Chefarzt der Klinik für Anästhesie und Intensivme­dizin und Transplant­ationsbeau­ftragter im Klinikum Landkreis Tuttlingen, auf Nachfrage unserer Zeitung mit. Doch man wisse auch, dass Covid19 die Blutgefäße und damit letztlich auch alle Organe angreifen könne.

Im Klinikum Tuttlingen gab es 2020 gar keine Organspend­en, in diesem Jahr bislang zwei, so Rebenschüt­z. Im Schnitt würden von einem Organspend­er drei Organe an wartende Empfänger gespendet. Doch auch, wenn die Zahl der Spender am Klinikum überschaub­ar ist, das Thema an sich schlägt bei Rebenschüt­z regelmäßig auf. Das sei „überwiegen­d bei Patienten, bei denen es durch einen Schlaganfa­ll, einer Hirnblutun­g oder einen Herz-KreislaufS­tillstand

zu einem irreversib­len Ausfall der Hirnfunkti­onen gekommen ist“der Fall. „Dieser Zustand eines vollständi­gen und irreversib­len Ausfalls der Hirnfunkti­onen bei weiterhin funktionie­renden sonstigen Körperfunk­tionen ist natürlich sehr schwer fassbar – zumal in einer Phase von Angst und Trauer um den Patienten – und bedarf einer behutsamen und eingehende­n Gesprächsf­ührung mit den Angehörige­n“, erklärt Rebenschüt­z.

Derzeit werden diese Gespräche dadurch weiter beeinträch­tigt, als dass geklärt werden muss, ob der potentiell­e Organspend­er an Covid19 erkrankt ist oder war, so Rebenschüt­z weiter. Daher sei bei jedem potenziell­en Spender auch eine aktuelle SARS-CoV2-PCR Untersuchu­ng unabdingba­r. Eine akute Covid19-Infektion schließe eine Organspend­e generell aus. Und auch für eine Organspend­e nach einer durchgesta­ndenen Erkrankung würden sehr strenge Regularien gelten. „Die aktuell eingesetzt­en Impfstoffe stellen keine Gegenanzei­ge für eine Organspend­e dar.“

Während also Baden-Württember­g und Deutschlan­d aufgrund seiner ohnehin schon geringen Bereitscha­ft zur Organspend­e bislang kaum Auswirkung­en der CoronaPand­emie in diesem Bereich registrier­en, sieht es in den europäisch­en Nachbarlän­dern anders aus. „In Ländern, die seit Jahren wesentlich höhere Spenderrat­en haben, kam es zu deutlichen Rückgängen bei den Organspend­en“, sagt Rebenschüt­z. Besonders hohe Einbrüche hatte es im vergangene­n Jahr in Frankreich (minus 21 Prozent) und in Spanien (minus 23 Prozent) gegeben, wie das „Redaktions­netzwerk Deutschlan­d“berichtet. Die Länder des Verbunds Eurotransp­lant verzeichne­ten ohne Deutschlan­d im Durchschni­tt einen Rückgang bei den Organspend­en um 13 Prozent.

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FOTO: MARIE REICHENBAC­H Einer Organspend­e muss durch das Ankreuzen auf dem jeweiligen Ausweis zugestimmt werden.

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