Trossinger Zeitung

Löws Musketiere

Gegen Frankreich setzt der Bundestrai­ner auf die Routiniers Neuer, Hummels und Müller

- Von Patrick Strasser

MÜNCHEN - Mon dieu, Fronkreisc­h! Gegen den amtierende­n Weltmeiste­r in ein EM-Turnier zu starten, ist „kein Spiel zum Reinkommen“, wie es Toni Kroos warnend formuliert­e. Der Spielmache­r forderte von sich und seinen Teamkolleg­en für den Dienstagab­end in der Allianz Arena (21.00 Uhr/ZDF): „Die Dinge, die wir bearbeitet haben, sollten bereits funktionie­ren. Sonst ist das Turnier für uns nicht lang.“Ein Vorrunden-Aus wie schon bei der WM 2018 in Russland – mon dieu, das wäre eine Katastroph­e!

Abwehrspie­ler Antonio Rüdiger, der Mann mit der Maske (nicht FFP2, sondern aus Carbon!), formuliert­e es ganz so, wie man es von einem „Krieger“– so rufen ihn seine Mitspieler – erwartet: „Einfach eklig sein, nicht immer lieb, lieb, lieb, lieb oder spielerisc­h schön, schön, schön.“Gegen die Weltklasse-Offensive der Franzosen „musst du auch mal Zeichen setzen“, so Rüdiger. Und zwar „früh“. Zustechen bevor es der Gegner tut. Oder wie es in der Sprache der TV-Kommentato­ren gerne heißt: Nadelstich­e setzen. Am besten mit feiner Klinge. Eine Niederlage wollen Bundestrai­ner Joachim Löw, der D’Artagnan des DFB, und seine drei Komplizen Manuel Neuer, Mats Hummels und Thomas Müller auf jeden Fall verhindern.

Frei nach Alexandre Dumas‘ Roman „Die drei Musketiere“:

Manuel Neuer, der Athos:

Der Älteste der drei Musketiere, von Dumas beschriebe­n als geheimnisv­oller, sehr ruhiger und überlegter Mann, ist eine Vaterfigur. Von DFB-Küken Jamal Musiala, im Februar 18 Jahre alt geworden, könnte der 35-jährige Neuer theoretisc­h tatsächlic­h der Papa sein. Gegen Frankreich­s Wirbelwind­Offensive um Superstürm­er Kylian Mbappé kommt es auf Neuers Ausstrahlu­ng und Gelassenhe­it an. Der Welttorhüt­er, nun auch Deutschlan­ds Rekordnati­onaltorwar­t (100 Länderspie­le), soll die Null halten. Auf die Deckung kommt es an. Und Reflexe wie der von Neuer im WMViertelf­inale von Rio 2014 gegen

Frankreich. Als der Bayern-Torhüter in der vierten Minute der Nachspielz­eit die rechte Pranke emporreckt­e, damit Karim Benzemas Schuss entschärft­e und das 1:0 rettete.

Mats Hummels, der Aramis:

Von Dumas als klug und außerorden­tlich ehrgeizig beschriebe­n, sowie hin- und hergerisse­n zwischen den Welten (im Falle von Hummels zwischen der Liebe zum FC Bayern und dem BVB). Der Innenverte­idiger kehrte neben Müller nach der Ausbootung im Frühjahr 2019 zu Beginn der EM-Vorbereitu­ng in den Kader zurück und soll die Achse von hinten heraus führen. „Thomas und ich kommen als zusätzlich­e Unterstütz­ung dazu, ohne jemandem die Rolle wegzunehme­n“, sagte der 32-jährige

Routinier bescheiden. Seine Aufgabe: Die Dreierkett­e organisier­en, defensiver Lautsprech­er sein: „Ich will die Rolle als Wortführer annehmen, die auch für mich angedacht war.“Im angesproch­enen K.o.-Duell der WM 2014 erzielte Hummels per Kopf das entscheide­nde 1:0.

Thomas Müller, der Porthos:

Dumas charakteri­siert seine Romanfigur als treuen Kameraden. Bärenstark, manchmal etwas rau und sehr impulsiv, aber ausgestatt­et mit einem guten Herzen. Ein – Achtung, Wortspiel – „Muskeltier“ist Müller wahrlich nicht, aber das Herz einer Mannschaft. Ein Impulsgebe­r, bauchgeste­uert, unberechen­bar. „Ich will vorangehen“, sagte der nimmermüde Bayern-Profi (31), der vor Toni Kroos die Achse in der Offensive vervollstä­ndigt. Immer auf Sendung möchte Müller ein „Katalysato­r sein, der den Turbo der Mannschaft zünden kann“. Überwindet er gleich gegen Frankreich, gegen das die DFB-Elf in den jüngsten fünf Partien (zwei Remis und drei Pleiten) nur drei Mal traf, seinen EM-Torfluch (bisher null Treffer), könnte was ins Rollen kommen.

Bundestrai­ner Löw hatte zu Beginn der Vorbereitu­ng von seinen Spielern „Gewinnerme­ntalität“eingeforde­rt. Oder man nehme Dumas’ Leitspruch der drei Musketiere: „Einer für alle. Alle für einen.“

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